Sachbücher

Ein Buch über das sowjetische Raumfahrtprogramm, ein weiteres ukrainisches Kriegstagebuch und ein Standardwerk über den Gulag. Der Monat Juni ist vorbei und ich bringe euch auf den neuesten Stand zu #Osteuropa-Neuerscheinungen.

Oleksandr Mykhed ist Schriftsteller und lebte bis März 2022 in Kyjiw. In seinem neuesten Werk „The Language of War“ beschreibt er Tag für Tag die Invasion in der Ukraine, angereichert mit anderen Stimmen – seiner Familie, seinen Freunden im Exil, denjenigen, die gekämpft und unvorstellbare Grausamkeiten miterlebt haben. Sicherlich eine spannende Lektüre für die sogar Timothy Snyder Werbung macht. Er schreibt, dass man durch dieses Buch Russlands Krieg gegen die Ukraine versteht.

Ebenso um die Ukraine geht es in dem illustrierten Buch „Ukraine: Remember Also Me: Testimonies from the War“ von George Butler. Mit dem Buch will er uns die Menschen hinter den Schlagzeilen näherbringen.

Und noch ein Buch zur Russlands Krieg gegen die Ukraine. Aber diesmal über das Jahr 2014. Die ukrainische Autorin Olena Stiazhkina führte Tagebuch vom 2. März bis 18. August und beschreibt, was in ihrer Heimatstadt Donezk und während der russischen Invasion und Besetzung der Stadt so passiert. Sicher ein sehr wichtiges Werk, um den Beginn des Krieges besser zu verstehen. (Korrektur: Das Buch erscheint wohl erst am 26. Juli 2024)

Die Russen sind sehr stolz auf ihr Raumfahrtprogramm im Kalten Krieg. Dass da aber mehr Schein als Sein ist, beschreibt US-amerikanische Autor Hohn Strausbaugh in seinem neuen Buch „The Wrong Stuff: How the Soviet Space Program Crashed and Burned“.

Jüngst wurde bekannt, dass die Osteuropahistorikerin Anne Appelbaum den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten soll. Passend dazu erscheint nun eines ihrer Bücher nach mehr als 20 Jahren auch als Taschenbuch. In „Der Gulag“ geht es um eben jenes Strafgefängnis, mit dem das System seine Bürger ausbeutete. Über das Leben in den Lagern und welche Bedeutung sie für das Sowjetregime hatte, schreibt Applebaum.

Auch Ausländer kämpfen in der Ukraine. Einer davon ist Brite Shaun Pinner. 2022 lebte er bereits glücklich verheiratet mehrere Jahre in der Ukraine. Bei Putins Vollinvasion kämpfte er in Mariupol und wurde von Russen gefangen genommen. In „Live. Fight. Survive.: An ex-British soldier’s account of courage, resistance and defiance fighting for Ukraine against Russia“, das nun als günstigere Taschenbuchausgabe erschienen ist, erzählt er von dieser Zeit.

Der emeritierte Geschichtsprofessor Rolf Steininger hat jetzt auch ein kleines Buch zur Kubakrise herausgebracht. Durch die Lektüre von Bernd Greiners Buch über das Thema weiß ich, dass da im Nachhinein viel hoch gebauscht wurde. Der Klappentext scheint mir etwas reißerisch und die Aussage „Sowjetische Atomraketen auf Kuba waren einsatzbereit“ schlichtweg falsch. Sie Raketen waren meine ich nie einsatzbereit.

Der amerikanisch-polnische Historiker Adam Zamoyski hat schon eine Fülle von Sachbüchern geschrieben (etwa: „Napoleon: Ein Leben“, „Chopin: Der Poet am Piano“ und „1815: Napoleons Sturz und der Wiener Kongress“). In seinem neuen Buch „Izabela: The Story of a Polish Princess in Tumultuous Times“ geht es um eine Verwandte des Autors. Seine Ur-Ur-Ur-Ur-Großmutter Izabela war Fürstin und lebte damals im Zentrum der Macht in Polen. Das Buch beschreibt die stürmischen Zeiten der polnischen Geschichte des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts.

Und noch mal Polen. Margaret Nowaczyk ist in dem Land geboren und wurde später klinische Kindergenetikerin und Professorin in Kanada. In „Marrow Memory: Essays of Discovery“ schreibt sie über ihr Leben. Sie schreibt über ihre wissenschaftlichen Tätigkeiten als auch Privates. Im Klappentext heißt es, das Buch sei „eine Einladung an den Leser, die unerwarteten Schönheiten menschlicher Erfahrungen und die Fähigkeit der Sprache, diese einzufangen, zu bewundern“.

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Zu Babyn Jar, der Schlucht unweit von Kyjiw, an der die Nazis innerhalb von wenigen Tagen fast 34000 Juden umgebracht haben, gibt es nun ein neues Werk. In „Babyn Yar: History and Memory“ sind eine Vielzahl von Beiträgen ukrainischer Experten versammelt und von unterschiedlichen Perspektiven zu beschreiben und einordnen, was damals geschehen ist.

Ich stelle selten Bücher vor, die im Eigenverlag erschienen sind. Aber das Buch „Meine Erlebnisse als Kriegsgefangener am nördlichen Eismeer und Sibirien; 1915 – 1919“, in dem das Leben von Gerhard Giebels beschreibt, klingt recht interessant. Giebels war russischer Kriegsgefangener nach dem Ersten Weltkrieg. Er schreibt über seinen Einsatz an der Ostfront und seine Heimkehr im August 1919.

Und noch mehr Erinnerungen sind erschienen. Viele Polinnen und Polen waren das Opfer sowjetischer Repressionen. In „Polen zwischen Archangelsk und Magadan: Erinnerungen an Lager und Verbannung in der Sowjetunion, 1930 bis 1950“ der Herausgeberin Małgorzata Ruchniewicz gibt Zeugnis von Polen, die vor 1939 in der Sowjetunion lebten; Polen, die 1939 in Ostpolen unter sowjetische Herrschaft gerieten; Polen, die zwischen 1944 und 1956 sowjetischem Terror ausgesetzt waren.

Wer sich tiefgründiger mit der Geschichte der Ukraine (gutes Englisch sicher vorausgesetzt) beschäftigen will, für den wäre vielleicht „Politics and Society in the Ukrainian People’s Republic (1917–1921) and Contemporary Ukraine (2013–2022): A Comparative Analysis“. Zu den Zeiträumen 1917-1921 und 2013-2022 gibt es sowohl verblüffende Ähnlichkeiten als auch tiefe Unterschiede.

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Studentinnen und Studenten wurden vom Verein Deutsche Gesellschaft dazu aufgerufen, zum Thema „Krieg in Europa: Wie sieht unsere Zukunft aus?“ einen Essay zu schreiben. Die 16 besten Beiträge sind nun in einem Buch erschienen.

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Und wer akademisch veranlagt ist, für den ist vielleicht das Werk von Julia Mayer etwas. In „Journalistische Meinungsäußerungen zum Ukraine-Krieg auf Twitter“ untersucht die Autorin – wie es der Titel schon sagt – die Meinungsäußerung von uns Journalisten auf X/Twitter. Ob ich darin auch vorkomme?

Und zu guter Letzt: Die Uni Bochum hat auch ein Buch rausgebracht. Im Sammelband „Verbindungen II: Deutsch-ukrainische Germanistiken im weiteren Dialog“ geht es um verschiedene Überlegungen aus einer ukrainisch-deutschen Perspektive, wie das Interkulturelle Deutschlernen und -lehren auf den Ebenen der Forschung, der Lehre, der Doktorandenausbildung und der Lehrer- und Dozentenfortbildung sowie in der gemeinsamen Erstellung von Materialien und Curricula weiterentwickelt werden kann.

Belletristik

Liebe Freunde Osteuropas! Heute dann die #Osteuropa-Erscheinungen in der Belletristik. Ist diesmal sehr überschaubar. Und osteuropäische Autoren sind diesmal gar nicht dabei. Leider.

Da hätten wir einmal „The Siberia Job“ von Josh Haven. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, ging der Raubtierkapitalismus los, etwa mit den Gutscheinen. Da wittern der texanische Geschäftsmann John Mills und sein tschechischer Begleiter Petr Kovac das große Geld. Legen sich aber bald mit der russischen Mafia an.

Die US-amerikanische Autorin Gail McCormick – selbst unfruchtbar – hat mit ihrem Ehemann zwei Tschernobyl-Kinder nach der Katastrophe 1986 für zwei Jahre aufgenommen. McGormicks Kindheitstraum war es immer, eine Friedensbrücke zwischen den USA und der ehemaligen Sowjetunion zu bauen. Als das Programm, dass die beiden Zwillingsmädchen zu Gail gebracht hat, ausläuft, fliegt sie nach Europa, fährt in die Ukraine und Belarus. Was sie dort erlebt hat, beschreibt die Autorin „Zoya’s Gift: Building a Bridge to a Global Family“.

Und ein französischer Comiczeichner hat sich auch mit einem osteuropäischen Thema beschäftigt. „Transit Visa“ von Nicolas de Crécy ist nun auch auf Deutsch erschienen. Schon wieder 1986, schon wieder Tschernobyl. Die 20-jährigen Cousins Nicolas und Guy fahren mit einem klapprigen Citröen Visa weg. Einfach weg. Durch Norditalien, Jugoslawien, Bulgarien bis in die Türkei. Sie sehen dabei nicht nur die Welt hinter dem eisernen Vorhang, sondern werden auch mit ihren Kindheitserinnerungen konfrontiert.

Und etwas Science-Fiction gibt es in Taddäus Karrers Kriminalroman „Springkraut“. Darin gibt es einen Waffenstillstand im „Ukrainekrieg“. Die Hauptfigur heißt wie der Autor und ist Polizist. Es geschieht ein Mord. Das Opfer ist Valerian Maisuradze, der vor Jahren aus der Ukraine geflüchtet ist. Kärrer will den Mord aufklären.

Dann noch ein acht Jahre altes Buch, dass nun auch in der Kindle-Version erhältlich ist. „Winterpferde“ von Philip Kerr. Die Handlung ist im Winter 1941 auf Askania-Nowa, einem heutigen Naturschutzgebiet in der ukrainischen Oblast Cherson. Hauptfigur ist das jüdische Mädchen Kalinka, das vor den Deutschen entkommen muss. Und der Titel sagt es schon, spielen Pferde in dem Buch eine wichtige Rolle.

Und für diejenigen unter euch, die gerade Ukrainisch lernen. Vielleicht ist ja das Buch „Такі, як ми. Про тварин та їхні характери: Sie sind wie wir. Über Tiere und ihre Charaktere“ etwas. Über den Inhalt habe ich nichts rausfinden können. Da es ab 5 Jahren – also eher für Kinder geeignet ist – könnte es auch eine gute Lernhilfe für Ukrainisch-Lerner sein. Oder ein schönes Buch für ukrainische Kinder.

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Eine Antwort zu „Osteuropa-Neuerscheinungen im Juni 2024”.

  1. Avatar von Hans Gutbrod

    danke! Teils kommt man ja kaum nach, und hier ist es so übersichtlich dargestellt. Das ist sehr erfrischend.

    HG

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