Liebe Freunde Osteuropas! Der September endet und der Herbst ist da. Das heißt, die #Osteuropa-Literatur wird immer mehr. Hier stelle ich euch die wichtigsten Neuerscheinungen in der Kategorie Sachbuch und Roman von September 2025 vor.

Im Mai 2023 haben die beiden Journalisten Reinhard Bingener und Markus Wehner mit „Die Moskau-Connection“ ein fulminantes Buch über die Verstrickung der SPD mit der russischen Staatsmacht herausgebracht. Jetzt legen die beiden Autoren ein neues Buch vor. In „Der stille Krieg“ geht es um die hybride Kriegsführung, „wie die bedrohliche Achse autokratischer Staaten Deutschland angreift und welche Gefahren davon für unsere Gesellschaft und Institutionen ausgehen“.

Nicht nur Deutschland wird von Russland bedroht, sondern auch Georgien. Wie das Land um seine Zukunft nach Europa kämpft, beschreiben Gesine Dornblüth und Thomas Franke in ihrem neuen Buch „Kampf um die Freiheit: Georgien und der lange Arm des Kreml“. Das „Buch erzählt von mutigen Menschen in Georgien, die unermüdlich für ihre Rechte kämpfen – gegen äußere Einflussnahme und politische Rückschritte im Inneren. Wer verstehen will, warum Georgien für Europas Zukunft so wichtig ist, findet hier fundierte Einblicke“.

Im ukrainischen Verteidigungskampf gegen die russischen Invasoren sollte man nie die Menschen in der Ukraine aus dem Blick verlieren. Wie es den Menschen – sei es eine Lehrerin, ein Drohnenoperator oder ein Therapeut – in dem Krieg geht, wird in dem Buch „Geteilter Horizont: Die Zukunft der Ukraine“ erzählt. Welche Strategien entwickeln die Ukrainerinnen, die Ukrainer, um gegen Müdigkeit und Verzweiflung anzukämpfen? Was bedeutet ihre Erfahrung für unsere gemeinsame Zukunft? Und was muss geschehen, damit der Krieg endet? Diese Fragen will das Buch beantworten.

Auch um die Menschen im Krieg, aber um die, die mit der Waffe ihr Land verteidigen, geht es in „The Dogs of Mariupol“ vom neuseeländischen Journalisten Tom Mutch. Zu Beginn der russischen Vollinvasion war Mutch gerade in Kyjiw. Er blieb in der Ukraine und hat so Berichte aus erster Hand von „allen wichtigen Schlachtfeldern und Frontlinien“, wie etwa der Schlacht um Kyjiw und der Belagerung von Mariupol. Er decke aber auch unbekannte Geschichten auf, wie die Verteidigung von Tschernihiw und den Kampf der zivilen Guerilla-Armee gegen die Übermacht in Sumy. Dabei geht es Mutch nicht um eine triumphale Darstellung des Kampfes der Ukraine. „Das Buch dokumentiert akribisch die immense menschliche Katastrophe, die über die ukrainische Gesellschaft hereingebrochen ist, und die Spaltung zwischen denen, die gekämpft haben, und denen, die geflohen sind“, heißt es im Klappentext. Der Autor auch tiefer auf die Ereignisse ein, um wichtige historische Fragen zu beantworten: Hätte der russische Plan, Kiew einzunehmen, Erfolg haben können? Hat die Ukraine einen fatalen Fehler begangen, indem sie sich so lange der Verteidigung von Bachmut verschrieben hat? Und hätte die Ukraine mit mehr Unterstützung aus dem Westen diesen schrecklichen Krieg endgültig gewinnen können?

Und noch ein ausländischer Journalist ist seit der russischen Großinvasion in der Ukraine unterwegs gewesen, um der Welt über den Mut und dem Überlebenswillen des ukrainischen Volkes zu berichten. Für sein Buch „A Bunker in Kyiv“ hat John Lyons Ukrainer interviewt, die sich angesichts eines immer brutaler werdenden Konflikts und einer ungewissen Zukunft nicht unterkriegen lassen. „Es sind Geschichten von gewöhnlichen Zivilisten, die Außergewöhnliches leisten und entschlossen sind, mit allen Mitteln zurückzuschlagen, um das Überleben ihrer Familien, ihrer Nation und ihrer Seele zu sichern“, heißt es im Klappentext.

Peremoha ist nicht nur das ukrainische Wort für „Sieg“, sondern auch der Name eines kleinen Dorfes eine gute Autostunde östlich von Kyjiw. Zu Beginn der russischen Vollinvasion im Februar 2022 war es einen Monat von den Russen besetzt. Nicht das erste Mal, dass dieses Dorf fremde Gewalt erlebt hat. Auch den Holodomor und die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg haben ihre Spuren hinterlassen. Claudia Sievers schreibt in „Das Buch des Lebens zu Ende lesen“ von einem mehr als 20 Jahre dauernden Projekt einer kleinen Gruppe von Deutschen, die immer wieder in das Dorf gekommen sind. Dabei sammelten sie Erinnerungen Überlebender, unterstützten die Infrastruktur, organisierten Jugendbegegnungen, luden ehemalige Zwangsarbeiter:innen nach Deutschland ein. Das Buch soll eine Geschichte von hochfliegenden Plänen und kleinen Erfolgen sein, von tiefer werdendem Verständnis und wachsender Zuneigung.

Viel weiter in den Osten der Ukraine geht es im reichhaltig illustrierten Buch „Ein Aquarium voller Schlüssel: Charkiw und die Fotos meines Vaters“. Es ist eine vielschichtige Sammlung von Kurz­geschichten und Momentaufnahmen aus Charkiw, der Heimatstadt von Yuriy Gurzhy. Der Musiker, Komponist, DJ und Autor verwebt darin persönliche Erinnerungen mit der Gegenwart eines vom russischen Angriffskrieg gezeichneten Landes. Gurzhys Texte begleiten Fotografien seines Vaters, die ihn seit seiner Kindheit prägen.

Der US-amerikanische Dramatiker und Regisseur Richard Nelson hat 2024 im Theater auf Podil in Kyjiw das Theaterstück „Wenn der Trubel vorbei ist“ inszeniert. Während der zehnwöchigen Proben hat er Tagebuch geführt und ließ sich von den jungen Schauspielerinnen inspirieren. Sie lachten und weinten, während sich das Stück, ihre Rollen, ihr Leben und der Krieg miteinander verflochten. Das Buch will eine inspirierende und sehr menschliche Geschichte darüber sein, wie man Kunst schafft, wenn man das Gefühl hat, keine Kontrolle mehr über irgendetwas zu haben.

Der Kriegsreporter Domenico Quirico war in vielen Kriegsgebieten unterwegs. In Mosambik, in Gaza, Somalia, Syrien, Tschetschenien und der Ukraine. Was ihm dort immer wieder begegnete, ist die Waffe Kalaschnikow, erfunden vom gleichnamigen russischen Waffenkonstrukteur Michail Kalaschnikow. Mit einer Mischung aus selbst Erlebtem und der Biografie des Erfinders erzählt Quirico in seinem Buch „Kalaschnikow. Wie eine Waffe unser Zeitalter der Konflikte prägt“ die Geschichte dieser Waffe, die ein Symbol für Revolte, Massaker und Völkermorde ist und durch die bis heute die meisten Menschen getötet werden.

Das Recherchenetzwerk Correctiv hat ein 132 Seiten starkes Buch herausgebracht. In „Russischer Kolonialismus“ beschreibt der ukrainisch-tschechische Journalist Maksym Eristavi persönliche Erfahrungen und die künstlerische Aufarbeitung historischer Fakten. Damit will Eristavi zeigen, dass Putins Krieg gegen die Ukraine kein Einzelfall ist, sondern Teil der jahrhundertealten Strategie einer Kolonialmacht.

Immer wieder höre ich den Satz „Der das heutige Russland verstehen will, muss verstehen, was in den 1990ern in Russland los war“. Genau darum geht es in Walter Denz Buch „Russlands wilde Neunziger: Die Dekade des Umbruchs“. Denz war ab 1992 für 30 Jahre als Unternehmer in Russland tätig, hat also direkt in dieses für Russland so wegweisende Jahrzehnt. Es ist wohl mehr eine wissenschaftliche Studie als ein leicht zu lesendes journalistisches Buch, den laut Klappentext verbindet das Buch politikwissenschaftliche, ökonomische und soziologische Ansätze mit persönlichen Erfahrungen des Autors. Das Buch soll eine fundierte und zugleich lebendige Perspektive auf eine unterschätzte Transformationsphase bieten – und plädiert für eine Neubewertung jener Jahre im Lichte heutiger Entwicklungen.

Kein halbes Jahr, nachdem der Journalist Oliver Moody sein Buch „Konfliktzone Ostsee: Die Zukunft Europas“ (absolute Leseempfehlung!) veröffentlicht hat, bringt Oliver Jens Schmitt, Professor für Geschichte Südosteuropas zum gleichen Thema ein Buch heraus. Sein Werk trägt den Titel „Moskaus westliche Rivalen: Eine europäische Geschichte vom Nordkap bis zum Schwarzen Meer“ und geht tief in die Geschichte bis ins Mittelalter zurück. Der Geschichtsprofessor „legt die geschichtlichen Erfahrungen von Norwegern, Schweden, Finnen, Esten, Letten, Litauern, Polen, Belarusen, Ukrainern und Moldauern frei, die seit Jahrhunderten Nachbarn Moskaus sind“, heißt es im Klappentext. Der nächste Satz „Die Geschichte dieser Regionen wurde bisher nie umfassend im Zusammenhang geschrieben.“ stimmt natürlich nicht mehr, Oliver Moody war ein bisschen schneller. Aber die Bücher könnten sich sicher gut ergänzen.

Und wenn wir gerade beim Thema Ostsee sind, da ist noch ein Buch erschienen. „Die Ostsee – Schauplatz der Geschichte“ vom Historiker Jann Markus Witt ist eigentlich nicht neu, schon 2009 hat er das Buch veröffentlicht, jetzt wohl in einem anderen Verlag neu aufgelegt. Es geht wie bei Schmitt weit in die Geschichte zurück und ist denke ich nicht so arg Moskau-zentriert geschrieben, ist ja mit Erscheinungsjahr 2009 eine ganz andere Zeit gewesen.

Und weil es thematisch auch passt, da gibt es ein neues Buch des britischen Historikers Martyn Whittock. In „Vikings in the East: From Vladimir the Great to Vladimir Putin“ geht es um die Ursprünge des umstrittenen Erbes in Russland und der Ukraine: die Wikinger. Whittock erklärt in seinem Buch, wie eine Wikinger-Slawen-Dynastie den ersten russischen Staat gründete und wie eine Rivalität zwischen Wikingerführern die Staaten hervorbrachte, die später zu Russland und der Ukraine wurden, mit Folgen, unter denen wir noch heute leben.

Ein dünnes Buch über ukrainische Kunst und Kultur hat der ibidem-Verlag herausgebracht. In dem Ausstellungskatalog „Confronting Catastrophes: The Art of Yohanan Petrovsky-Shtern“ um die Arbeiten des Wissenschaftlers und Künstlers Petrovsky-Shtern gemeinsam mit den wichtigsten ukrainischen und jüdischen Schriftstellern, Kunstwissenschaftlern, Politikern, Pädagogen, Journalisten und Dichtern. In ihren Werken setzen sie sich mit den katastrophalen Ereignissen der Gegenwart auseinander, darunter ideologische Gehirnwäsche, imperiale Aggression, politische Heuchelei, kultureller Völkermord und das unermessliche Leid der Menschen. Die Kunstwerke und Essays beschäftigen sich mit der Frage nach der Widerstandsfähigkeit und dem Überleben einer Nation im Entstehen inmitten einer globalen Krise der Menschheit.

Die deutsche Journalistin Birgit Jennen ist seit mehr als 25 Jahren als internationale Wirtschafts- und Politikjournalistin tätig. In ihrem Buch „Putins Marionetten: Wie geheime Netze in der deutschen Wirtschaft und Sicherheitsdienste uns an Russland ausliefern“ geht sie der Frage nach, wieso sich Deutschland so abhängig von Russland gemacht hat. Das Buch beleuchtet die deutsche Wirtschaftspolitik der vergangenen dreißig Jahre, die mit den USA wetteiferte und sich dabei Russland zuwandte, bis zum jetzigen Punkt. Es legt die Hintergründe einer tiefen Spaltung zwischen Deutschland und den USA in Wirtschafts- und Sicherheitsfragen offen, benennt einige der zentralen Akteure und entzaubert den Mythos vom „fairen Makler“ zwischen Ost und West, den Deutschland so lange gepflegt hat. Klingt schon mal sehr spannend.

Und der EU-Politiker Helmut Brandstätter hat ein Buch mit ähnlichem Titel herausgebracht. In „Trump, Putin und ihre Marionetten“ geht es aber mehr um die europäische Politik und wie Trump, Putin und Europas Rechte die EU zersetzen wollen. „Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, ob das europäische Werk für Frieden und Versöhnung, das als Folge des Zweiten Weltkriegs ins Leben gerufen wurde, bestehen bleibt“, steht als Warnung im Klappentext.

Der Journalist und Historiker Guido Knopp schreibt auch weiterhin fleißig Bücher. Zwei Jahre nach „Putins Helfer“ weitet er nun den Blick in seinem neuen Buch „Die neuen Despoten: Wie Machthaber weltweit Demokratien zerstören“, porträtiert Viktor Orban und Recep Erdogan, hinterfragt ihre Ziele, beleuchtet Machtstrukturen und will zeigen, wie sie sich mit Autokraten wie Wladimir Putin, Kim Jong-un und Xi verbünden.

Der deutsche Journalist Michael Sauga hat sich in seinem Buch „Frühling der Autokraten“ genauer mit den autokratisch geführten Ländern, China, Ungarn und den USA auseinandergesetzt. Sie präsentieren sich als das leistungs- und zukunftsfähigere Staatsmodell. Das was macht ihren Erfolg aus? Und warum kommen die liberalen Demokratien dagegen nicht an? Diesen Fragen geht Sauga in seinem Buch nach.

Wir wissen alle, dass Russland nicht immer so groß gewesen ist wie heute. Während Kyjiw bereits in seiner Blütezeit stand, war Moskau noch ein Sumpf. Wie sich Russland vom 14. Jahrhundert bis heute entwickelt hat, damit hat sich der Professor Paul W. Werth in seinem Buch „How Russia Got Big: A Territorial History“ beschäftigt. Das Buch verbindet Geografie, Diplomatie, Krieg und imperiale Politik. Eher fachlich, aber sicher nicht uninteressant.

Sinti und Roma sind eine große Bevölkerungsgruppe in Osteuropa. Aber auch in Deutschland leben viele von ihnen. In ihrem Buch „Ich bin stolz, dass ich Sintiza bin“ hat die Autorin Ulrike Peters hat mit Mitgliedern dieser Volksgruppe gesprochen. Das Buch bietet Hintergrundinformationen zur Geschichte und Kultur der Sinti, Interviews über ihr Alltagsleben, ihre Weltsicht, ihre Erfahrungen von Diskriminierung und über die Besonderheiten der Sinti-Kultur. Der Verfolgung durch die Nazis und die Diskriminierung bis heute steht dabei mal nicht im Vordergrund, sondern die Autorin will Einblicke in die heutige Lebenswelt deutscher Sinti aus deren Sicht geben.

Im Oktober 2022 erstmals erschienen und nun als Taschenbuch ist „In den Häusern der anderen: Spuren deutscher Vergangenheit in Westpolen“ von Karolina Kuszyk. Anhand von Archivfunden, Forschungsarbeiten, Literatur und einer Vielzahl persönlicher Begegnungen spürt Kuszyk dem ehemals Deutschen nach und zeigt, wie Dinge und Biografien über Landesgrenzen und Generationen hinweg bis heute miteinander verwoben sind.

Wer mal so richtig in die georgische Kultur eintauchen will, für den könnte „Georgia: A Tapestry of Time and Space“ etwas sein. Die Radiojournalistin Tatjana Montik hat 15 Jahre in Georgien gelebt. Sie beschreibt in dem Buch die Vielfalt der georgischen Kultur, Bräuche und Traditionen anhand persönlicher Geschichten, Feldforschungen und lebhafter Begegnungen.

Passt ein ukrainisches Kinderbuch auf Englisch in mein Monats-Update? Ich habs einfach mal reingenommen. Worum es in dem Kinderbuch „Dedushka: Memories of My Grandpa and Ukraine“ der gebürtigen Ukrainerin Katherina Spaeth genau geht, weiß ich nicht. Es soll eine zeitgemäße und bewegende Geschichte über Familie und Widerstandsfähigkeit sein.

Vor einem Jahr erschienen und in einer jetzt warum auch immer noch teureren Taschenbuchausgabe ist „Lessons in Diplomacy: Politics Power and Parties“. Der Autor Leigh Turner, ehemalige britische Botschafter in der Ukraine, der Türkei und Österreich, plaudert wohl aus dem Nähkästchen und erzählt von seinem Leben als Botschafter. Da neben dem Brexit auch der russische Krieg gegen die Ukraine eine Rolle spielt, hab ich es mal mit ins Monats-Update aufgenommen.

Der SPD-Politiker Michael Roth gehört ja für uns Ukraine-Unterstützer zu den absoluten Lichtblicken unter den Spitzenpolitikern unserer Republik. Roth hat nun mit „Zonen der Angst“ ein Buch vorgelegt. Darin geht es wohl eher sehr um sein Leben als Politiker und um ihn persönlich. Der harte Alltag eines Berufspolitikers hat bei ihm zu einer psychischen Krankheit geführt. Osteuropa mag in dem Buch jetzt nicht die ganz große Rolle spielen, aber sicher kein uninteressantes Buch.

Wie sich Gesellschaften an Vergangenes erinnern, hängt davon ab, wie die Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit eben über dieses Vergangene denkt. In dem Buch „Geschichtspolitische Umbrüche im postsozialistischen Europa: Auswirkungen auf die Erinnerungskultur“ beschäftigen sich die Autoren mit den Ländern des Baltikums, Russland, der Ukraine, Belarus, dem ehemalige Jugoslawien und Polen. Insbesondere seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist die Gedenkstättenarbeit verstärkt herausgefordert, sich dazu zu positionieren. „Umso wichtiger ist eine fundierte Auseinandersetzung mit erinnerungskulturellen Transformationen in diesen Ländern“, heißt es im Klappentext.

Das Wort Osteuropa hat bis heute so ein bisschen ein Schmuddel-Image. Dass diese Region aber durchaus etwas zur Entwicklung der Länder und Menschen auf der Welt beigetragen hat, dass soll uns in dem Buch „Globalizing Eastern Europe: Politics, Culture and Economics from the 18th to the 21st Century“ nähergebracht werden. Dieser Band will Osteuropa als globale Region neu darstellen. Er soll zeigen, wie Menschen aus diesem Teil der Welt das „Globale” geprägt haben und wie das „Globale” wiederum sie geprägt hat. Autoren aus verschiedenen Disziplinen zeichnen jahrhundertelange Traditionen der Verflechtungen und zeitgenössischen Interaktionen nach. Damit bereichert dieses Buch die seit langem geführten Debatten über die räumlichen Grenzen dieser Region.

Die Polen und die Ukrainer haben eine schwierige Beziehung zueinander aufgrund ihrer Geschichte. Der russische Krieg gegen die Ukraine ab 2014 führt die beiden Länder näher zueinander, zumindest auf der Bühne. Piotr Horbatowski will mit seinem Buch „Theater in the Face of War“ Menschen und Ereignisse im polnischen und ukrainischen Theater würdigen und ehren.

Eher was für Akademiker ist dann „Geohistory of Galicia: 1772–1918. Studies and Materials“, herausgegeben von Tomasz Kargol. In dem Buch gesammelt ist das Wissen eines internationalen und interdisziplinären Forschungsteams. Das Band will ein vielschichtiges Bild historischer Prozesse aufweisen. Die Bedeutung der Geografie wurde bisher vor allem in der Militärgeschichte, der Handelsgeschichte und in Werken über geografische Entdeckungen besonders stark betont. Diese Publikation weist auf bisher unerschlossene Quellen und Möglichkeiten hin, die neue Forschungen auf dem Gebiet Galiziens ermöglichen.

Wie sieht die Ukraine Europa und Europa die Ukraine. Damit hat sich der Historiker Andrii Martynov in seinem Buch „Imagining Europe and Ukraine: Mutual Perceptions of Europeans and Ukrainians in the 20th and Early 21st Century“ beschäftigt. Er geht dabei von der Presse und dem Rundfunk im frühen 20. Jahrhundert bis zur heutigen Multimedia-Landschaft. Kriege und der der Eiserne Vorhang haben diese Vorstellungen verzerrt.

Es gibt schon ein paar gute Bücher über die Hintergründe der Nato-Osterweiterung (z.B. „Nicht einen Schritt weiter nach Osten“ von Mary Elise Sarotte). Eine Person, die direkt mit der Erweiterung zu tun hatte, war Stobe Talbott, sieben Jahre lang stellvertretender Außenminister unter Clinton. Er spielte eine Schlüsselrolle in der US-Diplomatie gegenüber der ehemaligen UdSSR. Stephan Kieninger hat für „Securing Peace in Europe“ Talbott’s Tagebüchern, US-amerikanische und europäische Archiven ausgewertet und ausführlichen Interviews mit ehemaligen Regierungsbeamten geführt. Kieninger argumentiert, dass eine sorgfältige Betrachtung von Talbott’s Staatskunst Putins Behauptungen widerlegt, der Westen habe die Schwäche Russlands nach dem Kalten Krieg ausgenutzt, und zeigt, dass die Clinton-Regierung und ihre NATO-Verbündeten bei jedem Schritt versucht haben, Russland einzubeziehen.

Wer sich mal so richtig in die Demografiekrise Russlands einlesen will, zu dem Thema ist jetzt ein ganzes Buch erschienen. Die Anthropologin Inna Leykin hat für „Caring Like a State: The Politics of Russia’s Demographic Crisis“ sich damit beschäftigt, wie der russische Staat versucht, die Frauen zu mehr Kindern zu überzeugen und welche Misserfolge es dabei gegeben hat.

Den Blick auf den großen Krieg durch ukrainische Studenten einer Drehbuchschule in Kyjiw. Das bietet das Buch „A Ruined Home: Sketches of War“. Die Studenten begannen ihre Eindrücke zu beschreiben und zu erzählen, was sie gesehen und gefühlt hatten. Sie schrieben ihre Texte, um sich abzulenken, um schwierige Momente in ihrem Leben noch einmal zu durchleben und einfach, um darüber zu sprechen, was ihnen widerfahren war. Dieses Buch ist eher zufällig entstanden, es erzählt eine ehrliche Geschichte über den Krieg, eine Geschichte von Privatpersonen, die die russische Invasion erleben.

Das Buch „Auslaufmodell Neutralität?: Geschichte und Gegenwart eines österreichischen Mythos“ von Franz Cede und Ralph Janik hat jetzt weniger mit Osteuropa zu tun, aber die durch den russischen Krieg doch immer wieder auftretende Diskussion über die Neutralität Österreichs macht es meiner Meinung nach zu einem wichtigen Buch. Die Autoren sind beide Rechtswissenschaftler und ziehen eine Bilanz nach nach 70 Jahren österreichischer Neutralität. Dabei geht es um gegenwärtige Debatten zu diesem Thema, die die Autoren verständlich zusammenfassen.

Auch 80 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs erscheinen immer noch Bücher über die Verbrechen der Nazis im Osten Europas, was auch gut ist. Der Historiker Christian Stein hat sich in seinem Buch „Armee des Rückzugs: Die Wehrmacht an der Ostfront 1941-1945“ damit beschäftigt, was die deutsche Wehrmacht in den mehr als 30 Monaten in Osteuropa getan hat, während es vor der Roten Armee immer weiter zurückweichen musste. Vor allem in der Ukraine und Belarus wüteten die Nazis besonders schlimm.

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs lebten etwa eine Millionen Menschen aus der Sowjetunion im Westen Europas, hauptsächlich in Westdeutschland und Österreich, sogenannte Displaced Persons. Nachdem die DPs 1947 von »Opfern des Krieges und des Nationalsozialismus« zu »Opfern des Kommunismus« erklärt wurden, waren die Vereinigten Staaten bereit, für deren Umsiedlung nach Amerika, Australien und in andere Länder außerhalb Europas aufzukommen. Die Sowjetunion protestierte gegen diesen »Diebstahl« ihrer Bürgerinnen und Bürger. Für die Vereinigten Staaten war es ein Propagandaerfolg in Zeiten des Kalten Krieges. Auf der Basis neuer Archivrecherchen und Interviews beschreibt Sheila Fitzpatrick nicht nur das Alltagsleben, sondern auch die konkurrierenden Manöver von Politik und Diplomatie.

Marina Mantay ist in Russland in Armut und Gewalt aufgewachsen, mit 16 alleine nach Berlin geflohen, dann mit 17 wieder nach Russland abgeschoben worden und wiederum ein Jahr später nach Deutschland gekommen, um hier ihr Abitur zu machen, zu studieren und zu arbeiten. Doch die harten Jahre haben tiefe Wunden in ihrer Seele hinterlassen. Ihre Geschichte hat Mantay in dem Buch „Cycle Breaker: Mein Weg aus der Selbstzerstörung in die Selbstliebe“ niedergeschrieben. Das Buch soll ein Mut machendes Beispiel für eine gelungene Migration, Traumaverarbeitung, posttraumatisches Wachstum und spirituelles Erwachen sein.

Viele schimpfen über Deutschlands Ukraine-Politik. Aber wie viele kennen sich darin wirklich aus? Wer sich mal richtig einlesen will, da gibt es jetzt das passende Fachbuch. Der Band „Deutschlands Ukraine-Politik“ analysiert diese Politik aus drei zentralen Perspektiven: der Entwicklungszusammenarbeit, der Außenpolitik und der Sicherheitspolitik. Im Einzelnen werden die deutsche Entwicklungszusammenarbeit im Kontext des Ukraine-Konflikts, die Rolle nicht-staatlicher Entwicklungsakteure in der Ukraine, der Stellenwert der SDGs und deren Integration in die staatlichen Handlungsstrategien der Ukraine, die Auswirkungen des Krieges auf die europäische Sicherheitsarchitektur sowie Perspektiven für den Wiederaufbau des Landes behandelt. Darüber hinaus entwickelt der Band mögliche Szenarien für die Weiterentwicklung des Krieges und will so einen Beitrag zur aktuellen gesellschaftspolitischen Debatte leisten.

Und wer dann noch nicht genug hat, kann gleich danach zu „Das politische System der Ukraine“ greifen. Das Buch will einen umfassenden Überblick über die politische Geschichte der Ukraine geben. Die AutorInnen analysieren dabei das Spannungsverhältnis zwischen (Re-)Demokratisierung und (Re-)Autoritarisierung sowie die markanten politischen und wirtschaftlichen Fortschritte seit der Euromaidan-Revolution. Mit seinem bewussten Blick auf innenpolitische Dynamiken zeige das Buch, dass die moderne Ukraine viel mehr ist als nur ein Schlachtfeld geopolitischer Ambitionen: Sie sei eine europäische Kulturnation mit einer mitreißenden und herzergreifenden Vergangenheit – und Gegenwart –, die trotz unzähliger tragischer Episoden von einem bewundernswerten Überlebens- und Demokratisierungswillen und einzigartigen politischen Dynamiken geprägt ist.

Und noch ein Buch über die Ukraine – mit Schwerpunkt Kultur. In zweiten Teil des Buches „Journal of Soviet and Post-Soviet Politics and Society“ geht es um die Suche nach den tieferen Wurzeln des ukrainischen Widerstands, wie sie sich in Kultur und Folklore ausdrücken. Die Artikel in dem Buch dokumentieren und analysieren die Bedeutungen, die hinter den Symbolen und Erzählungen des ukrainischen Widerstands stehen. Als Produkte der Kultur offenbaren diese Symbole und Erzählungen die wesentlichen Merkmale der neu verhandelten Identitäten der ukrainischen Gesellschaft im andauernden Krieg.

Für Theaterfans ist da noch ein Buch über Alexandr Tairov erschienen. Die Theaterwissenschaftlerin Swetlana Lukanitschewa hat sich in ihrem Buch näher mit dieser Schlüsselfigur der russischen und europäischen historischen Theateravantgarde beschäftigt. Eher was für Fachleute.

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