
Liebe Freunde Osteuropas! Heute dann noch die #Osteuropa-Neuerscheinungen bei den Romanen und Gedichten. Es sind diesmal Werke aus der Ukraine, Russland, Polen, Tschechien und Deutschland dabei.

Die ukrainische Dichterin Oksana Maksymchuk hat vor und während der russischen Invasion ein poetisches Tagebuch verfasst – es handelt von dem schauerlichen Alltag des Krieges. Sie mischt dabei Stimmen und Bilder – Erlebtes, soziale Medien, Nachrichten, Zeugenaussagen, Fotos, Drohnenvideos.

Am 11. Juli 2025 ist der US-amerikanische Schriftsteller Martin Cruz Smith gestorben. Sechs Tage später ist sein letztes Werk erschienen. Darin geht es um den russischen Detektiv Arkady Renko, der Kriminalfälle löst. „Hotel Ukraine“ ist das elfte Buch der Reihe. Die Werke sind in sich immer abgeschlossen, man muss also wohl die vorherigen Bücher nicht gelesen haben. In „Hotel Ukraine“ untersucht Renko die Ermordung des stellvertretenden Verteidigungsministers, mit ausdrücklicher Zustimmung des Kremls. Sein Adoptivsohn Zhenya ist in eine russisch-ukrainische Hackergruppe verwickelt, der Krieg in der Ukraine nimmt an Dynamik zu und der Tod des Politikers ist wohl politisch motivierter als gedacht.

Der Roman „No Country for Love“ von Yaroslav Trofimov ist jetzt als Taschenbuch erschienen. Er spielt in den 1930er Jahren in Charkiw. Debora verliebt sich in den jungen Offizier Samuel. Sie bekommen ein Kind. Dann der Holodomor und die Nazis kommen in das Land. „Debora ist gezwungen, den Mann, den sie liebt, ihre Identität und sogar ihren Namen aufzugeben, und lernt zu ertragen, zu manipulieren und Widerstand zu leisten“, heißt es im Klappentext.

Der 600-Seiten-Wälzer „Fannys Rache“ des israelischen Autors Yaniv Iczkovits ist auch als Taschenbuch erschienen. Es geht um Fanny Kajsmann, die ihrem Schwager im 19. Jahrhundert nach Minsk hinterherreist, weil dieser ihre Schwester im Schtetl hat sitzen lassen. Doch auf dorthin gerät sie in allerlei Schlamassel, dass sogar das Russische Reich in seinen Grundfesten erschüttert.

Anna Prizkau hat mit „Frauen im Sanatorium“ ihren Debütroman vorgelegt. Es geht um Anna, die ins Sanatorium muss und dort Elif, Marija und Katharina kennen lernt, alle mit ihrem ganz eigenen Knacks. Im Buch geht es um Menschen, die das Glück suchen, ohne es wirklich finden zu wollen. Das osteuropäischste, was ich aus dem Buch rauslese, ist, dass die Autorin gebürtig aus Moskau kommt, aber als Kind in den 90ern nach Deutschland gezogen ist. Aber der große Serhij Zhadan empfiehlt dieses Buch. Na, dann gehört es in meine Liste.
Der Erzählband „Apfelschimmel: und andere Erzählungen“ des russischen Schriftstellers Pawel Salzman (1912-1985) ist voller Geschichten über eine Märchenwelt, über Szenarien dunkelster Träume und heitere Sozialsatiren. Mythisches vermischt sich mit Hyperrealistischem und Groteskem, Paradiesäpfel mit dem Gestank faulender Kartoffeln und angeklebten Nasen.

Die in Kosovo 1991 geborene und in Göttingen aufgewachsene Schriftstellerin Jehona Kicaj hat diesen Monat den Roman mit dem kürzesten Titel herausgebracht: „ë“. Der Roman erzählt vom Kosovokrieg und erinnert an das Leid von Familien, die ihre Heimat verloren haben, deren ermordete Angehörige anonym verscharrt wurden und bis heute verschollen oder nicht identifiziert sind.

Aus dem Polnischen ist diesmal nur eine Übersetzung ins Englisch dabei. Der Autor Jakub Szamałek schreibt in seinem Buch „Inner Space“ über amerikanische und russische Astronauten auf der ISS. Weil Russland die Ukraine am 24.2.2022 überfallen hat, sind die Spannungen zwischen den Austronauten dementsprechend hoch. Ein Ammoniakleck bedroht die Crew und das Misstrauen steigt.

Ein absoluter Klassiker der tschechischen Literatur ist nun nochmal neu übersetzt und herausgegeben worden. Es geht um „Großmütterchen“ (tschech. Babička) von Božena Němcová aus dem Jahr 1855. Es geht um eine gütige und liebevolle Großmutter, die in das ländliche Anwesen ihrer Tochter gerufen wird. Die weise Frau hilft bei der Betreuung der Kinder und sieht in Haus und Hof nach dem Rechten. Gekonnt verbindet die Autorin die Schilderung von Bräuchen und Sitten im alten Böhmen mit Erinnerungen an ihre eigene Kindheit im Waldtal der Aupa, dem heutigen „Großmuttertal“ unweit des Riesengebirges. Herausragend ist die Geschichte von der Bauerntochter Viktorka, die gemütskrank nach tragischem Liebesleid bei den wilden Tieren im Walde lebt.

Gut, „Lenins Küsse“ vom chinesischen Autor Yan Lianke hat ehrlich gesagt wenig mit Osteuropa zu tun. Aber die Geschichte klingt lustig. Im Balou-Gebirge drohen die Menschen zu verhungern, weil die Ernte von einem Sommerschneesturm vernichtet wurde. Die Lösung: Die Bewohner kaufen den Russen Lenin ab und wollen damit Touristen anlocken. Also es geht da eher um China, aber die Story klingt so skurril, dass es echt lustig sein könnte.

Und zuletzt ein Buch, das im Eigenverlag erschienen ist. Boris Rosenberg erzählt in seinem Werk „Ein Gespräch mit dem eisernen Wasserklosett“ über eine Frau, die eine gute behütete Kindheit in Russland hatte, dann folgten gescheiterte Ehen, toxische Liebschaften, Drogen und Diebstahl bis zur Haft in Deutschland. Das Buch soll schwarzen Humor, feine Ironie und eine schonungslose Offenheit haben.
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