
Liebe Freunde Osteuropas! Heute dann noch die neuen Romane von Juni 2025. Erfreulicherweise sind es dieses Mal fast nur ukrainische Romane, wenn auch vieles auf Englisch.

Die ukrainischstämmige Kanadierin Maria Reva hat ihr Debütroman herausgebracht. In „Endling“ geht es um drei Frauen auf Reise durch die heutige Ukraine und eine extrem gefährdete Schnecke. Einmal um Yeva, die seltene Schnecken züchtet, und ihr Geld damit verdient, Romantiktouren mit Männern aus dem Westen zu unternehmen. Und Nastia und ihre Schwester Solomiya geben sich als hoffnungslose Braut und ihre Übersetzerin aus, während sie heimlich nach ihrer verschwundenen Mutter suchen, die nach jahrelangem Aktivismus gegen die Romantiktouren verschwunden ist. So beginnt die Reise ihres Lebens durch ein Land am Rande des Krieges: drei wütende Frauen, ein Lastwagen voller entführter Junggesellen und Lefty, eine Schnecke, die als letzte ihrer Art eine letzte Chance hat, ihre Art zu erhalten.

Die beiden ukrainischen Fantasy-Autoren Marina und Sergey Dyachenko (✝ 2022) sind mit Preisen überhäuft und haben neben vielen weiteren Werken die Buchreihe „Vita Nostra“ erschaffen. Der Roman wird dem Genre des philosophisch-fantastischen Romans oder der metaphysischen Parabel zugeordnet, er wird auch als eine Kombination aus Urban Fantasy und Bildungsroman gesehen. Der erste Vita Nostra-Teil erschien 2007 auf Russisch, in englischer Übersetzung erst 2018. Der zweite Vita-Nostra-Teil „Assassin of Reality“ erschien 2024 auf Englisch und jetzt ist der dritte Teil „School of Shards“ rausgekommen. Hauptfigur der Reihe ist Sasha Samokhina. Im ersten Teil kommt sie an ein seltsames Institut für Spezialtechnologien. Die Bücher sind unmöglich zu lesen, die Lektionen sind bis zur Verrücktheit undurchsichtig, und das Wissen selbst will sich nicht einprägen. Trotzdem macht Sasha Veränderungen durch, die sich der Materie und der Zeit entziehen; sie macht Erfahrungen, von denen sie vorher nicht einmal zu träumen gewagt hätte… die aber plötzlich alles sind, was sie sich jemals wünschen könnte. Im zweiten Teil ist sie im dritten Jahr dieses Institutes für Spezialtechnologien. Und im dritten und letzten Teil ist Sasha die neue Rektorin eben jenes Instituts. Doch in der von ihr geschaffenen Welt können die Schüler den Lehrplan nicht bewältigen, egal ob Magie oder die natürliche Ordnung der Dinge. Um die Welt zu schützen, muss Sasha Fragmente ihrer früheren Realität sammeln.

Der ukrainische Lyriker und Schriftsteller Lesyk Panasiuk kommt aus Butscha. Sein bemerkenswerter Bericht aus Butscha zu Beginn der Großinvasion ist nun ins Englische übersetzt worden. Das Ergebnis sei ein großartiges Werk, das laut The Guardian „die Idee des Bruchs der Sprache durch den physischen Zusammenbruch von Zeichen und Schriftzügen auf von Raketen getroffenen Gebäuden“ verkörpert, wie es im Klappentext heißt.

Ebenfalls seine Erfahrungen zu Beginn des Krieges hat der ukrainische Schriftsteller Wolodymyr Rafejenko in seinem Buch „Das Mobilnetz des Seins“ verarbeitet. Er lebte einen Monat gezwungenermaßen in einem Landhaus zwischen Butscha und Borodjanka. „Die Figuren des Stücks sind mehrere Dutzend Menschen, die in der Genossenschaftssiedlung „Nahe Gärten” in den ersten Tagen der russischen Besatzung leben. Sie sind geeint durch das gemeinsame Bedürfnis, auf einer abgelegenen Waldlichtung ein verirrtes Handysignal zu empfangen. Doch das Leben in Kriegszeiten verliert seine üblichen Grenzen, und verstorbene Verwandte, Helden von Shakespeare und Edgar Allan Poe treten in Kontakt mit den Lebenden und der mit dornigen Sternen übersäte ukrainische Himmel öffnet sich über den Köpfen der Menschen“, heißt es im Klappentext.

Maxim Billers Roman „Mama Odessa“ ist nach knapp zwei Jahren in der günstigeren Taschenbuchausgabe erschienen. Es geht um die russisch-jüdische Familie Grinbaum, um das Verhältnis zwischen Sohn und Mutter, beide Schriftsteller. Und natürlich spielen auch die Nazi-Verbrechen in der Familie eine Rolle. Der Großvater ist wie durch ein Wunder einem Massaker in Odessa 1941 entkommen, der Vater einem Giftanschlag des KGB.

Im Roman „The Black Suit“ des ukrainischen Autoren Andrew V. Kudin geht es in die letzten Tage der Sowjetunion. Auf wahren Begebenheiten basierend erzählt der Psychothriller die Geschichte eines jungen Mannes, der zum Anführer einer kriminellen Bande in der Ukraine wird und mit seinem Schicksal hadert.

Die mit zehn Jahren nach Deutschland emigrierte Autorin Sasha Salzmann hat nun den Roman „Glorious People“ rausgebracht. Es geht wieder um den Zusammenbruch der Sowjetunion, erzählt aus der Sicht ukrainischer Mütter und Töchter über vier Jahrzehnte. Es geht um Lena, die zur guten Sozialistin erzogen wird und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit der Korruption in der Ukraine zu kämpfen hat und Tatjana, die es auch nicht leicht hat. Ihre Traumata geben sie auch an ihre Töchter weiter, die um ihre eigene Identität ringen.

Und auch Deutsche fühlen sich dazu berufen, Romane über die heutige Ukraine zu schreiben. Der Autor Christian Gasche hat „Ukrainische Freundschaft: Eine Reise von der Front zum Frieden“ veröffentlicht. Der Roman spielt im Sommer 2023. „Der Ukrainer Maksym erfährt, dass sein Vater und Bruder im Donbass (sic!) vermisst werden. Seine deutschen Freunde brechen mit ihm in ein zerstörtes Land auf: getrieben von Freundschaft, Mut und jugendlicher Naivität. Was sie dort erleben, erschüttert ihr Weltbild: Gewalt, Leid, aber auch Menschlichkeit, Nähe und erste Liebe. Zurück in Deutschland lässt sie das Erlebte nicht los. Sie gründen einen Verein, organisieren Jugendbegegnungen, Wiederaufbauprojekte und Friedenscamps für Verständigung zwischen jungen Menschen aus der Ukraine, Russland und Deutschland“, heißt es im Klappentext. Wäre vielleicht tatsächlich ganz interessant, mal von einem deutschen Autor so was zu lesen und ob er nicht in diese deutsch-naive Friedensschwurbelei samt Brudervolkblödsinn abdriftet.

Und noch ein letztes Buch, dass den russischen Krieg gegen die Ukraine zum Thema hat. In „UKRAINE COMIC – Leben in der Kriegszone“ sind Beiträge von neun Autorinnen und Autoren versammelt, unterschiedlich illustriert. Darin erzählen sie von ihren Emotionen in diesem Krieg.

Und etwas für die Schmökerer: Mit „Danzig: Jahre der Freiheit“ endet die Trilogie der Autorin Hilke Sellnick. Die junge Johanna muss die Werft nach dem Tod ihres Mannes für sich behaupten, denn der rechtmäßige Erbe ist Pawel, der nicht nur gerne geschäftlich mit ihr zusammenarbeiten will. Mit der Werft läuft es ohnehin nicht leicht, ein Skandal erschüttert die Danziger Gesellschaft. Finden Pawel und Johanna zusammen?

Von der lettischen Autorin Olita Tidomane ist das Buch „Drei Katzen und ihr Mensch“ erschienen. Die Autorin hatte einen erfolgreichen Blog über das Leben mit ihren drei Katzen geschrieben. Diese kurzen Geschichten sind jetzt in Buchform rausgekommen. Es ist kein Sachbuch, keine Gebrauchsanleitung, sondern ein unterhaltsames Kaleidoskop des Alltags mit Katzen und eine lustige Enzyklopädie dazu.

Vom serbischen Autor David Albahari ist „Wenn der König stirbt“ erschienen. Die Handlung: In einem Hotel in Zürich stirbt der König eines namenlosen kleinen Landes. Der Trubel der Trauerkundgebung erfasst die Deutsche Hanni Gretl und ihren somalischen Liebhaber Sulejman, die bald darauf von mehreren Leuten, darunter dem grimmigen Dragan, verfolgt werden. Doch statt in einer Schlägerei landen sie allesamt in einem Café, wo sie wild über den Balkan diskutieren und darüber, was der so alles mit Afrika zu tun hat. Auch der König mischt sich ein, teilt seine Erinnerungen an die Anfangszeiten der UNO und gibt außerdem Anekdoten von skurrilen Begegnungen mit Vladimir Nabokov und Jorge Luis Borges zum Besten.
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