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Liebe Freunde Osteuropas! Hybride Kriegsführung, wirtschaftliche Erpressung, Infiltration. Putin Taktiken, andere Länder gefügig zu machen oder zu destabilieren sind vielfältig. Wie der Diktator das anstellt, beschreiben Gesine Dornblüth und Thomas Franke in ihrem Buch „Putins Gift“.

Wird eine Person von einer giftigen Schlange gebissen, ist es wichtig zu wissen, welche Schlange es war, um das richtige Gegengift zu verabreichen. Doch nicht nur Tiere können giftig sein. Auch Diktatoren können ihr Gift – ihren Einfluss, ihr Militär, ihre Propaganda – nutzen, um andere Staaten zu vergiften. Zu wissen, wie dieses Gift angewendet wird und wie es wirkt, ist zwingend notwendig, um das passende Gegengift zu finden. Die beiden Journalisten Gesine Dornblüth und Thomas Franke haben in ihrem im September 2024 erschienenen Buch „Putins Gift“ ihre Expertise aus mehreren Jahrzehnten, die sie in mehreren Ländern Osteuropas gesammelt haben, zusammengetragen. Dabei zeigen sie auf, wie vielseitig die Bedrohungen sein können, was Staaten dagegen unternehmen und wie manche inneren Probleme Russland in die Hände spielen.

Das Buch beginnt mit einem fast schon harmlosen Vorfall. Im Mai 2024 entfernte in den frühen Morgenstunden ein russisches Schiff gut 20 Grenzbojen im Fluss Narva, dem Grenzfluss zwischen dem kleinen Estland und Russland. Was will Russland damit bezwecken? Die damalige Premierministerin Kaja Kallas sieht darin eine Provokation Russlands. Es wolle damit „Angst und Schrecken verbreiten“, wie Dornblüth und Frank Kallas in ihrem Buch zitieren.

Wie Putin seine Macht zur Kontrolle über andere Staaten nutzt, ist von Land zu Land unterschiedlich. Da müssen armenische Aprikosenbauern finanzielle Einbußen hinnehmen, weil es von russischer Seite plötzlich heißt, dass es den für den Export nach Russland bestimmten Lebensmitteln plötzlich etwas zu bemängeln ist. Der Grund: Armenien will sich der EU annähern. Teilweise sind die Probleme aber auch hausgemacht. Die Bevölkerung der kleinen Republik Moldau will mehrheitlich Richtung Westen, doch leben viele in Armut. Als dann ein großer Korruptionsskandal im Bankenwesen bekannt wird, schadet das den Ambitionen Richtung EU. Die Bevölkerung, die ohnehin kaum Vertrauen in ihren eigenen Staat hat, sinkt noch weiter. Und das spielt wiederum Russland in die Hände.

Eine sehr bezeichnende Kapitel-Überschrift in dem Buch lautet „Wer Demokratie sät, wird Krieg ernten“. Demokratien waren Putin schon immer ein Dorn im Auge. Untergraben sie doch den Anspruch des Diktators über sein Land hinaus, Einfluss und Macht auszuüben. So war es bei der Rosenrevolution in Georgien 2003, bei der Orangenen Revolution in der Ukraine 2004, als Menschen für mehr Demokratie auf die Straße gingen.

Es gibt aber auch Fälle, in denen das Gift Putins beziehungsweise des russischen Staates nur schwer auszuschalten ist. Als Beispiel wäre da etwa Lettland zu nennen. Gut 220.000 Bewohner des Landes sehen sich als Russen. Das sind gut zehn Prozent der Gesamtbevölkerung. Das Schulsystem ist mittlerweile auf die lettische Sprache umgestellt, russischsprachige Schulen gibt es kaum. An Wahlen dürfen sie nicht teilnehmen. Und der russischen Invasion in die Ukraine 2022 hat die Situation für diese Menschen in Lettland nicht einfach gemacht. Es ist ein Problem des Landes, das kaum lösbar scheint. Diese Russen sind in Lettland geboren, fühlen sich dort heimisch und wollen nicht nach Russland.

Und selbst Deutschland spielt in dem Buch eine Rolle. So gehen die beiden Autoren nochmal detailliert auf den Fall „Hubert Seipel“ ein, der deutsche Journalist, der sich von Russland für seine sehr wohlwollende Berichterstattung in Dokus und Büchern hat kaufen lassen. Dornblüth und Franke finden dabei eine klare Sprache und benennen, was ist.

Das Buch gibt einen umfassenden Überblick darüber, wie das russische/Putinsche Gift in Ländern wie Armenien, Georgien, Lettland, Moldau, Lettland und Estland wirkt. Es hilft dabei, besser zu verstehen, wie Russland seinen Einfluss geltend macht. Ich finde das Buch ist auch hervorragend für Menschen gedacht, die sich bislang noch nicht so intensiv mit Russland und/oder Osteuropa beschäftigt haben. Da könnte dann für einige ziemlich Augen öffnendes drinstehen.

Eine kleine – kritischere – Anmerkung aber noch von mir. Das Buch ist wirklich vollgestopft mit Geschichte aus vielen Ländern. Da hätte ich mir hier und da noch ausführlichere Berichte gewünscht. Etwa hätte ich gerne noch mehr über die Situation der Russen in Lettland erfahren. Aber vielleicht ist das ja ein Thema für ein weiteres Buch.

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