
Liebe Freunde Osteuropas! Auch bei den Romanen gibt es im Oktober einige spannende #Osteuropa-Neuerscheinungen. Ukraine, Lettland und Polen sind vertreten. Und ein paar westeuropäische Autoren haben sich osteuropäischen Themen gewidmet.

Anna Melikova ist in der Ukraine geboren und auf der Krym aufgewachsen. Seit 2017 lebt sie in Berlin. Jetzt legt sie ihr Debütroman vor. In „Ich ertrinke in einem fliehenden See“ geht einmal um die Geschichte der Ich-Erzählerin, die eine Liebesbeziehung mit einer nur drei Jahre älteren Dozentin führt, von der sich die Ich-Erzählerin durch ein Studium in Moskau versucht zu entziehen. Zugleich sorgt ihre pro-ukrainische Haltung ab dem Maidan zu Problemen mit eben dieser Dozentin, aber auch ihrem russlandtreuen Vater. Klingt nach spannendem Lesestoff über ein sehr aktuelles Thema.

Ein ganzes Jahrhundert ukrainischer Geschichte umspannt die Autorin Sofia Andruchowytsch. Der dritte Teil ihres Amadoka-Epos ist nun erschienen. Im ersten Teil „Die Geschichte von Romana“ geht es um die Archivarin Romana, die in einem namenlosen Soldaten, der 2014 schwerverletzt aus dem Krieg im Donbas zurückkehrt, glaubt ihren verschollenen Ehemann Bogdan wiederzuerkennen. Im zweiten Teil „Die Geschichte von Uljana“ geht es dann um die Großmutter von Bogdan, die sich während des Zweiten Weltkriegs in den Juden Pinkhas verliebt und ihn vor den Nazis versteckt. Und im nun erschienen dritten Teil „Die Geschichte von Sofia“ geht es um Sofia, die Frau des Dichters Mykola Zerow (den gab es wirklich). Zerow wird 1934 verhaftet und 1937 von Stalins Schergen erschossen. Dabei spielt Sofias Geliebter, der sowjetisch-deutsche Doppelagent Wiktor Petrow eine zwielichtige Rolle. Im diesen Band soll sich auch Bogdans wahre Identität enthüllen – die eng mit seiner Heimatstadt Mariupol, der Geschichte des Agenten Petrow und dem Massaker von Babyn Jar verknüpft ist.

Ein Roman aus Lettland ist frisch erschienen. In dem zweiten Roman „Der Geschmack von schwarzer Erde“ der Autorin Inga Gaile geht es um die dunkelste lettische und deutsche Geschichte. Es geht um eine „Politische“, die im KZ Ravensbrück interniert ist, um einen lettischen Lagerarzt, der an der Lage der „Politischen“ nicht ganz unschuldig ist, sich aber selbst gegen das Unmenschliche im Lager kaum wehren kann und die beiden Lettinnen Lidija und Ilze, die nach Sibirien verschleppt werden. Im sowjetischen Lettland treffen die vier aufeinander. Inga Gaile verwebt die Lebensgeschichten dieser Menschen miteinander über Ländergrenzen und Generationen hinweg.

Und noch ein Buch, das in der Nazi-Zeit spielt. Der polnische Schriftsteller Mikołaj Łożiński erzählt in „Stramer: Ein Familienroman“ die Geschichte von Nathan Stramer, seiner Frau Rywka und ihren sechs Kindern. Einmal versuchte Nathan schon sein Glück in den USA, scheiterte aber und kehrt nach Galizien zurück. Mit verschiedenen Geschäftsideen versucht er seine Kinder durchzubringen und sich doch noch den Traum von der Neuen Welt zu erfüllen. Doch mit der Zeit wächst der Antisemitismus im Land und dann kommt der Einmarsch der Deutschen in Polen.

Und eine französische Autorin hat sich auch einem osteuropäischen Thema gewidmet. In „Weiter nach Osten“ von Maylis de Kerangal geht es um eine transsibirische Fahrt ins Ungewisse. Der Zwangsrekrut Aljoscha will desertieren. Auf der Zugfahrt lernt er die Französin Hélène kennen. Sie ist selbst auf der Flucht. Aljoscha spricht kein französisch, Hélène kein russisch. Kann Hélène Aljoscha bei der Flucht helfen?

Der niederländische Journalist Pieter Waterdrinker hat unter anderem russisch studiert, arbeitete als Korrespondent in St. Petersburg und lebt seit dem russischen Überfall auf die Ukraine in Frankreich. Es sind schon einige Romane aus seiner Hand erschienen. Jetzt gibt es in deutscher Übersetzung „Monsieur Poubelle oder: Der Mülleimer der Geschichte“ zu kaufen. Der Roman handelt von Wessel Stols, der mit 35 Jahren seine Werbefirma verkauft, um sich seinen Traum vom Schriftstellerdasein zu erfüllen. Ein Thema hat er schon: Monsieur Poubelle, den Erfinder der Mülltonne. Nachdem der Roman misslingt und Stols sein Vermögen verliert, handelt er mit sowjetischer Kunst – nicht unbedingt legal. Auf dem Höhepunkt des Maidanaufstands erfährt er, dass er einen Sohn hat, und bringt Hals über Kopf in die Ukraine auf. Dort trifft er auf eine dekadente Gesellschaft und wird in die Wirren des Kriegs hineingezogen.

Bereits im Juni 2024 ist der Roman „Maulwurfsblut“ der bulgarischen Autorin Zdravka Evtimova erschienen. Jetzt ist er auch als ebook zu haben. Gesammelt in dem Buch sind Kurzgeschichten über die postindustrielle Zeit aus der bulgarischen Provinzstadt Pernik. In den Ruinen der alten Ordnung zerfallen die patriarchalen Verhältnisse. Die Männer arbeiten in Dubai oder der Toscana, während ihre Frauen zu Hause das Überleben der Familie beschäftigt. Regelmäßig veröffentlicht Evtimova eine neue Short Story auf dem Portal OFFnews.bg. Mit Sinn und Herz für die sozial Deklassierten, einer geradlinigen, zupackenden Schreibart gehört sie zu den populärsten Autorinnen ihres Landes, zuhause und in der Welt.

Der gebürtige Serbe Barbi Marković hat ein neues Buch unter dem Titel „Piksi Buch“ vorgelegt. Dieses Buch soll ein Plädoyer für all die schwachen Heldinnen sein, die sich in gewaltbegeisterten Umgebungen zurechtfinden müssen. Es behandelt das Stadionleben und historische Spiele aus der Sicht eines Mädchens, das seine Kindheit unfreiwillig auf dem Fußballfeld verbringt, und aus Langeweile teilweise in eine Fantasiewelt abhebt. PS: Piksi ist der Spitzname von Dragan Stojković.

In der „Fluchtnovelle“ es Schweizer Autors Thomas Strässle lernen sich im Erfurt der 1960er Jahre eine Studentin aus der DDR und ein Schweizer Student im „Haus der Roten Armee“ kennen und lieben. Doch ein gemeinsames Leben ist wegen des Eisernen Vorhangs schwierig. Die Studentin will in den Westen fliehen, doch trotz minutiöser Planung geht etwas schief.

Die Albanerin Artime Useini kommt gebürtig aus Mazedonien. Ihre Kindheit verbringt die heute 39-Jährige zum Teil in ihrer Heimat, zum Teil in der Schweiz. Das 64 Seiten dünne Buch „Unsere Lebenswege gehen wir ganz alleine“ schreibt sie, unter Verwendung eines Pseudonyms, auf Deutsch und setzt damit ein Zeichen dafür, dass sie es geschafft hat, sich ein eigenes, unabhängiges Leben aufzubauen. Ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben und sich selbst dadurch besser kennenzulernen, gibt ihr Kraft und Mut für die weitere Zukunft.

Und bereits erschienene Bücher sind nun in der günstigeren Taschenbuchausgabe herausgekommen. Einmal „Der Magier des Kreml“ von dem italo-schweizerischen Schriftsteller Giuliano da Empoli. Das Buch wird als „großer Roman über das zeitgenössische Russland“ beworben. Es geht um den Spindoktor Wadim, der das Land in ein politisches Theater verwandelt hat, in dem nur noch der Wille des Präsidenten zählt. Doch aus dem System, dass Wadim selbst geschaffen hat, will er wieder heraus.

Und da ist noch „Outpost“ des russischen Schriftstellers Dmitry Glukhovsky. Darin enthalten sind die beiden Outpost-Bücher „Der Posten“ und „Der Aufbruch“. Typisch für den Metro 2033-Autor geht es sehr dystopisch zu. In einem Russland in der nahen Zukunft sind nach dem Krieg ganze Landstriche verseucht. Die einzelnen Städte haben kaum noch Kontakt zur Regierung in Moskau. Schon seit Jahren harrt Jegor im Außenposten in Jaroslawl aus. Sein Stiefvater Polkan, der Kommandant des Postens, macht ihm das Leben schwer, und die schöne Michelle interessiert sich nicht für ihn. Jegor träumt von der Welt jenseits der Eisenbahnbrücke, auf der anderen Seite des Flusses. Doch schon seit Jahrzehnten ist niemand mehr über diese Brücke gekommen. Bis heute …
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