Sachbücher

Der #Osteuropa-Büchermarkt ist quicklebendig. Ständig erscheinen neue spannende Titel. Hier gebe ich euch einen Überblick über die Neuerscheinungen im September (ich weiß, bin da etwas spät dran). Heute nehmen wir uns die Sachbücher vor, morgen dann die Romane.

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Die Osteuropa-Experten Gesine Dornblueth und Thomas Franke haben ein neues Buch vorgelegt. In „Putins Gift: Russlands Angriff auf Europas Freiheit“ beschäftigen sie sich damit, wie Putin durch Cyberangriffe, Giftanschläge und Desinformationskampagnen die westlichen Demokratien unterwandern und zerstören will. Dornblüth und Franke beschreiben detailliert, wie Putin dabei vorgeht.

Und quasi zum gleichen Thema haben der ehemalige Diplomat Freytag Arndt von Loringhoven zusammen mit dem Propaganda-Experten Leon Erlenhorst das Buch „Putins Angriff auf Deutschland: Desinformation, Propaganda, Cyberattacken“ herausgebracht. Die beiden Autoren wollen erklären, wie die digitale Manipulation in Deutschland funktioniert und geben Vorschläge, wie wir uns besser schützen.

Der bekannte Osteuropahistoriker Timothy Snyder wartet im September auch mit einem neuen Werk auf. In „Über Freiheit“ setzt sich der Professor aus Yale mit eben jenem Begriff auseinander, der in vielen Ländern in arge Bedrängnis gerät. In seinem Buch will Snyder erklären, was Freiheit überhaupt ist, wieso sie oft missverstanden wird und warum sie unsere einzige Chance ist zu überleben.

Und wenn wir schon bei den absoluten Megastars der Osteuropa-Experten sind. Serhii Plokhy hat auch ein neues Buch vorgelegt. Erstmal aber nur auf Englisch. In „Chernobyl Roulette: War in the Nuclear Disaster Zone“ konzentriert sich Plokhy auf einen speziellen Ort: Tschornobil. Er verbindet die Nuklearkatastrophe im Jahr 1986 mit dem aktuellen russischen Krieg gegen die Ukraine. Das Buch soll sich – so heißt es im Klappentext – wie ein Thriller lesen. Klingt ja vielversprechend.

Das folgende Buch ist mir im letzten Update durchgegangen, es ist schon im August erschienen. Mit dem Buchautor Steven Broschart haben wir noch jemanden, der sich mit der Propaganda Putins im Netz beschäftigt hat. In seinem Buch „Putins digitale Front und die Wahrheit dahinter“ – das laut Klappentext in verständlicher Sprache geschrieben ist und kein Vorwissen erfordert – will Broschart uns zeigen, welche psychologischen und kommunikativen Mittel an Putins digitaler Frontlinie zum Einsatz kommen.

Der französische Schriftsteller Jonathan Littell war zusammen mit dem Fotografen Antoine d’Agata in Babyn Jar, der Schlucht bei Kyjiw, in der die Nazis eines der fürchterlichsten Verbrechen an den Juden begangen haben. Dann plötzlich kam die Großinvasion der Russen und die beiden wurden mit neuen Gräueln in Butscha konfrontiert. „An Inconvenient Place“ – zu deutsch „Ein unbequemer Ort“ – heißt das Buch der beiden, das nun erschienen ist. Es geht um Orte an den Verbrechen geschehen sind. Verbrechen des Stalinismus, des Nationalsozialismus, der Nationalisten und der Russen.

Wer gerne historische Sachbücher liest und sich für Nationalismus und was dahinter steckt interessiert, für den wäre vielleicht das Buch „From Nowhere to Somewhere“ von Paul Robert Magocsi etwas. Darin geht es um ein Volk, das quasi aus dem Nichts erschienen und heute schon wieder verschwunden ist: die Karpaten-Russen der auch Ruthenen genannt. Der Autor will eine Art Leitfaden für den Aufbau von Nationalitäten nachzeichnen.

Der ibidem-Verlag ist im September gleich mit mehreren Neuerscheinungen vertreten. Da wäre einmal „Für Deine und meine Freiheit: Weckrufe aus Kyjiw“ von Konstantin Sigow. Sigow ist ein ukrainischer Philosoph, das Buch ist eine Sammlung seiner Essays und Interviews. Ihm geht es konkret um den Menschen, denn er ist die Grundlage für solidarische Freiheit.

Ein weiteres Buch von ibidem kommt vom Herausgeber Oleksandr Pankieiev. Das Buch „Narratives of the Russo-ukrainian War: A Look Within and Without“ ist eine Sammlung von Aufsätzen und Interviews mit Wissenschaftlern und Experten. Es geht unter anderem um Fragen zur Identität, Kultur, Propaganda, Sicherheit, internationale Beziehungen, Geschichte, Entkolonialisierung und dem Stand der ukrainischen und russischen Studien in der westlichen akademischen Welt im Zusammenhang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine.

Der britische Historiker Jonathan Haslam ein Buch über die Ursprünge von Russlands Krieg gegen die Ukraine geschrieben mit dem Titel „Hubris: The Origins of Russia’s War Against Ukraine“. Und ehrlich Leute, ich weiß nicht so genau, was ich von dem Buch halten soll. Nach Meinung des Autors liegen die Gründe für den Krieg im Westen, in den USA. Übernimmt der Autor wider besseres Wissen die Propaganda-Narrative des Kremls?

Ein Buch über die Geschichte der Krym aus dem Jahr 2016 ist jetzt in der Taschenbuchausgabe erschienen. In seinem Werk „Crimea: A History“ beschreibt der Historiker die Geschichte der Halbinsel über drei Jahrtausende – von der Antike bis in die Neuzeit.

Es gibt viele blöde Bücher über Frieden und Verhandlungen (Prantl, I’m looking at you). Cindy Wittke, Leiterin der Politikwissenschaftlichen Forschungsgruppe am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS) in Regensburg, hat da mal ein wirklich gutes Buch vorgelegt. In Zusammenarbeit mit der Osteuropa-Journalistin Mandy Ganske-Zapf ist nun „Frieden verhandeln im Krieg: Russlands Krieg, Chancen auf Frieden und die Kunst des Verhandelns“ erschienen. Darin beschreiben tatsächlich mal wirkliche Experten, unter welchen Bedingungen die Ukraine und Russland erfolgreich in Verhandlungen treten können und wie daraus ein dauerhafter Friedensschluss entstehen kann.

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2019 ist das Buch erschienen, jetzt kommt die Taschenbuch-Ausgabe heraus. Mitchel A. Orenstein, Professor für Russische und Osteuropäische Studien an der University of Pennsylvania, will mit seinem Werk „The Lands in Between: Russia Vs. the West and the New Politics of Hybrid War“ zeigen, dass die Untersuchung der polarisierten Politik, die die Länder dazwischen seit Jahrzehnten heimgesucht hat, uns hilft, die Paradoxien der westlichen Politik in einem Zeitalter des hybriden Krieges besser zu verstehen.

Von der ukrainischen Philosophin Elena Solominski ist nun „Zeiten und Fristen beginnen zu vergehen: Tagebuch des Kiewer Rechtsanwalts Alexej Goldenweiser im deutschen Exil 1921-1925“ erschienen. Goldenweiser war zweimal Flüchtling, einmal wegen der Bolschewiken, dann 20 Jahre später wegen der Nazis. Im Buch sind in deutscher und russischer Sprache die Gedanken Goldenweisers zu politischen Ereignissen und zum Alltag im Exil enthalten. Zusatz: Mit Bestürzung musste ich bei meiner Recherche erfahren, dass Solominski im Juni 2024 bei einem Wohnungsbrand in Düsseldorf schwer verletzt wurde und später verstarb.

Der Geschichtsprofessor Sean McMeekin widmet sich in seinem neuen Werk dem Kommunismus. In „To Overthrow the World: The Rise and Fall and Rise of Communism“ untersucht McMeekin die Entwicklung des Kommunismus von einem verführerischen Ideal einer klassenlosen Gesellschaft zur herrschenden Doktrin tyrannischer Regime. Der Autor argumentiert aber auch, dass der Kommunismus trotz seines Fortbestehens als politische Form äußerst unpopulär bleibt. Wo er aufgetaucht ist, ist er immer mit Gewalt entstanden.

Bevor die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel im November ihre Autobiographie herausbringt, ziehen Journalisten bereits ein Fazit über ihre Politik. Im September geht es los mit „Die Täuschung: Angela Merkel und ihre Deutschen“ von Eckart Lohse. Natürlich deckt Lohse viele Themen – nicht nur osteuropäische – ab. In seinem Buch geht es aber auch um Putin und ob Merkel ihn falsch eingeschätzt hat.

Die Journalistin Lindsey Hilsum ist Kriegsberichterstatterin. Sie war bereits in Ruanda, in Kovoso, in Palästina und jetzt auch in der Ukraine. Dort twitterte sie jeden Tag ein Gedicht. Daraus ist jetzt das Buch „I Brought the War with Me: Stories and Poems from the Front“ entstanden. Ihre Lieblingsgedichte, von der Antike bis in die Moderne, stellt sie neben Erinnerungen aus ihrer eigenen Arbeit. Sie erforscht darin das Mitleid des Krieges – und seine tödliche Anziehungskraft.

Das Buch „Our Enemies Will Vanish“ des Journalisten Yaroslav Trofimov hatte ich schon mal in meinen Monats-Updates. Jetzt ist die Taschenbuchausgabe erschienen. Trofimov hat von Beginn an die Kämpfe bei der russischen Großinvasion gesehen. Für ihn ist der Krieg als Kyjiwer auch eine persönliche Angelegenheit. Das Buch verbindet lebendige Reportagen mit militärischen Expertenanalysen und seltenen Einblicken in die Denkweise der ukrainischen Führung.

Einige von euch kennen wahrscheinlich schon die lustigen Videos von Richard Cwiertnia. Auf Social Media-Plattformen nimmt er Klischees über Osteuropäer aufs Korn. Jetzt bringt der junge Mann ein Kochbuch mit seiner Großmutter heraus. Prijatnogo appetita!

Und zum Schluss noch was sehr akademisches. Marcel Brüntrup hat sich intensiv mit den „Ausländerkinder-Pflegestätten“ beschäftigt. Das war im Deutschen Reich ein flächendeckendes Netz improvisierter Betreuungseinrichtungen für die Kinder ausländischer Zwangsarbeiterinnen. Zehntausende Kinder verloren dort aufgrund unzureichender Versorgung, Hygiene und Pflege ihr Leben. Osteuropäische Zwangsarbeiterinnen sollen ihre Kinder abtreiben, um „rassisch unerwünschte“ Kinder zu verhindern. Auf jeden Fall keine leichte Lektüre.

Belletristik

So, jetzt sind die #Osteuropa-Romane im September 2024 dran. Sehr erfreulich ist, dass wieder aus fielen Ländern werde übersetzt wurden. Ukraine, Russland, Georgien, Slowenien und Polen sind dabei. Gehen wir es mal durch.

Als Russland im Februar 2022 seinen großen Angriffskrieg gegen die Ukraine begann, musste die italienische Schriftstellerin Francesca Melandri an die Geschichte ihres Vaters denken. Er floh als Soldat im Winter 1942/43 vor der Roten Armee. Doch erst jetzt wurde ihr klar, dass er vor allem in der Ukraine gewesen ist. Was hat er dort wirklich erlebt, warum war er überhaupt dort? Davon erzählt sie in ihrem Roman „Kalte Füße“.

Wer sich für ukrainische Literatur interessiert, der sollte einen genaueren Blick auf „weil die Wunden Vögel werden: Landschaften der Ukraine“ werfen. Viele Gedichte und Erzählungen von in Deutschland größtenteils unbekannten ukrainischen Autorinnen und Autoren befinden sich in diesem Band. Sie schreiben über das Leben an der Front, sie schreiben aber auch über Augenblicke jenseits von Gewalt und Tod. Sie fotografieren alltägliche Szenen, in denen, mögen sie sich auch im Westen des Landes abspielen, der Krieg fast unentwegt anwesend ist.

Es gehört zu der traurigen Wahrheit, dass die meisten Deutschen wohl viel mehr russische Autoren aus dem Stand benennen könnten, als ukrainische. Doch gegen diese Wissenslücken kann man etwas tun. So ist jetzt „Dichtung der Verdammten: Eine Anthologie ukrainischer Dichtung, ausgewählt und übertragen von Oswald Burghardt (Jurij Klen)“ erschienen. Burghardt alias Klen war ein Deutsch-Ukrainer, geboren 1891 im Russischen Kaiserreich, gestorben 1947 in Augsburg. Er wollte seinen ukrainischen Schriftsteller-Kollegen wie etwa Maksym Rilskyj, Pawlo Fylypowytsch, Mykola Serow und Mychajlo Draj- Chmara mit einer Anthologie ein Denkmal setzen. Durch die Editionsarbeit von Nataliia Kotenko-Vusatyuk und Andrii Portnov ist das Werk aus Burghardts Nachlass zweisprachig (deutsch-ukrainisch) erschienen.

Und einen belarussischen Autor haben wir in diesem Monat auch dabei. Sasha Filipenko erzählt in seinem neuen Roman „Der Schatten einer offenen Tür“ von den Ermittlungsarbeiten des Moskauer Kommissar Alexander Koslow. Er muss in die gottverlassene Provinzstadt Ostrog. Dort gab es rätselhafter Weise eine Suizidserie von Jugendlichen in einem Waisenhaus. Die örtliche Polizei hat aber ihre ganz eigene Theorie.

Im vergangenen Jahr erschien Oxana Wassjakinas erster Roman „Die Wunde“. Darin geht es um eine junge Frau, die die Asche ihrer Mutter in die sibirische Heimat bringt. Nun erscheint ihr neuer Roman „Die Steppe“. Zehn Jahre lang hat eine junge Frau ihren Vater nicht gesehen. Jetzt begleitet sie ihn auf seinen Touren als Fernfahrer durch Sibirien. Nun lernt sie ihn besser kennen. Die Autorin zeichnet – so heißt es im Klappentext – das Porträt eines einfachen Mannes, dessen Weg von Alkohol, Drogen, Gewalt und schlechtbezahlter Arbeit geprägt ist, und der sich erstmals seiner Tochter anvertraut, die ihm trotz aller Fremde noch ein Stück Familie ist.

Die russische Schriftstellerin Maria Stepanova hat einen neuen Roman veröffentlicht. In „Der Absprung“ bleibt wohl vieles im Unklaren. Die Hauptfigur, die Schriftstellerin M., ist im europäischen Exil, geht ins Nachbarland, weil sie dort auf Lesungen eingeladen wurde. Doch die Reise ist voller Pannen: Sie verpasst den Anschlusszug, das Handyladekabel ist weg und am Grenzbahnhof F. (Frankfurt an der Oder??) wartet niemand auf sie. Also durchstreift M. die Stadt und hofft auf die langersehnte Chance, ihre Identität loszuwerden. Das Ganze spielt im Sommer 2023 und Russlands Krieg gegen die Ukraine spielt in dem Roman wohl auch eine gewisse Rolle.

Die deutsche Schriftstellerin Olga Grjasnowa hat im September „Juli, August, September“ herausgebracht. Darin geht es um die Suche nach Wahrheit in einer modernen jüdischen Geschichte. Lou ist das zweite Mal verheiratet, ihr Mann Sergej ist Pianist und jüdisch. Ihre Tochter war allerdings noch nie in einer Synagoge. Dann flattert eine Einladung zum 90. Geburtstag ihrer Tante herein. Auf Gran Canaria trifft sie den ganzen ex-sowjetischen Clan aus Israel, in dem sich niemand leiden kann. Lou merkt, wenn sie Antworten auf ihre Fragen haben will, muss sie nach Tel Aviv. Es ist eine Geschichte über eine Frau, deren Identität sich aus lauter Splittern zusammensetzt, die scheinbar alle nicht zusammenpassen. Bis sie es auf unerwartete Weise doch tun.

Und ein georgischer Roman ist im September auch dabei. In „Müllschlucker: Verloren in Tiflis“ schildert Iwa Pesuaschwili das Schicksal der armenischen Familie Simonyan, die in den 90er Jahren vor dem Krieg in Karabach nach Tiflis flieht, in eine Stadt voller Korruption, Gewalt und schmutziger Politik. Die Handlung entwickelt sich innerhalb eines Tages, an dem alle Konflikte, Dramen und Herausforderungen gleichzeitig über die Familie hereinbrechen. Und obendrein beginnen die Dämonen aus ihrer Vergangenheit zu erwachen und hindern sie daran, rationale Entscheidungen zu treffen.

Marina Jarre (1925-2016) ist in Riga als Tochter eines lettisch-russisch-jüdischen Vaters und einer waldensisch-italienischen Mutter geboren. In ihrem nun in deutscher Sprache erschienenen Roman „Weit entfernte Väter“ geht es um das kleine Mädchen Marina (ich denke mal, dass die Namensgleichheit kein Zufall ist) die sich rebellisch selbst behauptet gegen die strengen Regeln der Mutter und ihren schwierigen Vater. Die Autorin erzählt vom multikulturellen Riga der 1930er Jahre und vom jähen Bruch, als sie zu ihren Großeltern ins faschistische Italien gehen muss.

Wieviel Osteuropa in Burkhard Spinnens Roman „Vorkriegsleben“ steckt, kann ich nicht sagen. Es geht um den Unternehmer Richard Morjan Splitter, der seine Karriere als bildender Künstler für seine Frau aufgibt, nur dass diese ihn später mit der gemeinsamen Tochter sitzen lässt. Dann verkauft ein Unbekannter ihm Videoclips und Fotos, die ihn in seiner Kindheit und Jugend zeigen und er beginnt sein Leben zu hinterfragen. Und jetzt kommt der Osteuropa-Part. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine droht der Verkauf seiner Spedition und somit sein geplanter Ruhestand zu scheitern. Da nimmt er eine ukrainische Mutter und ihre zwei Kinder in seinem Bungalow auf. Das bringt natürlich nochmal zusätzliches Chaos in sein Leben.

Auch der Buchautor Hans Augustin nimmt den Angriffskrieg der Russen auf die Ukraine als Idee für einen Roman. In seinem Werk „Als ich mit Z zu Abend aß“ geht es um die imaginäre Vorstellung: Stellen Sie sich vor, Sie treffen den russischen Präsidenten zum Abendessen. Augustin hat es fabuliert, eine aberwitzige, kafkaeske Politsatire geschrieben und das aktuelle Weltgeschehen ­famos erzählt, preist der Klappentext den Roman an.

Von der polnischen Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk ist auch ein neuer Roman mit dem etwas kryptischen Namen „E.E.“ erschienen. E.E. steht für Erna Eltzner, ein Mädchen, dass 1908 in Breslau in einer kinderreichen deutsch-polnischen Familie lebt. An ihrem fünfzehnten Geburtstag wird sie am Mittagstisch ohnmächtig, sieht hört Stimmen und hört Geister. Ihre Mutter meint, dieselben Fähigkeiten zu haben. Ein Okkultist soll die Tochter heilen, doch dass sie mit den Seelen Verstorbener in Kontakt treten kann, ist für manche Bewohner der Stadt sogar hilfreich.

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John Crowleys erstmals 2017 auf Deutsch erschienener Roman „Die Übersetzerin“ ist jetzt auch als Taschenbuch zu haben. Der Roman spielt während der Kuba-Krise, als sich eine amerikanische Übersetzerin und ein mysteriöser russischer Dichter im Exil treffen. Ihre Beziehung und ihr Versuch, gemeinsam seine Gedichte zu übersetzen, sind der Hintergrund dieses melancholischen Romans, der sich auf mehreren Zeitebenen entfaltet und zugleich Spionagethriller, Liebesgeschichte und eine Meditation über die Macht der Worte ist.

Der Journalist Nikita Afanasjew schreibt viel über seine alte post-sowjetische Heimat. Jetzt ist sein neuer Roman „Sputnik“ erschienen. Dort geht es – wer hätte es gedacht – um einen Reporter. Leo Puschkin lebt so sein Leben, bis er den Auftrag bekommt, den Auslandssender des Kremls zu unterwandern. Leo gelingt eine spektakuläre Recherche, aber sein Arbeitgeber, eine renommierte Zeitung aus Berlin, wie die Story nicht drucken. Also schreibt er sie einfach als Roman.

Der Roman „A Mother to my Mother” der ukrainischen Schriftstellerin Malka Pischanitskaya spielt im Jahr 1941. Da ist die Autorin gerade mal zehn Jahre alt, ihre Heimatstadt Romanow ist von den Nazis besetzt. Sie flieht mit ihrer Mutter, versteckt sich in Feldern und Wäldern. Malka verlässt sich dabei auf ihren jüdischen Glauben und ihre Instinkte, um sich und ihre Mutter am Leben zu erhalten. Zuflucht findet sie auch bei Fremden, die auf ihrem Weg wie zu einer Familie für sie werden.

Ebenfalls in die Ukraine der 1940er Jahre geht es in „The Last Secret“ von Maia Caron. 1944 arbeitet die Sanitäterin Savka Ivanets für den ukrainischen Widerstand. Als ihr Mann Marko, unfreiwillig Mitglied bei der Waffen-SS, sie zwingt, eine verschlüsselte Nachricht an einen unterirdischen Bunker zu übermitteln, ist sie entsetzt. Und dann wird auch noch ihre Sohn Taras vom KGB entführt. In einer zweiten Zeitebene geht es um Jeanie Esterhazy im Salt Spring Island im Jahr 1972. Seit einem Unfall, von dem sie schwere Narben davontrug, hat sie sich aus der Gesellschaft zurückgezogen. Ein mysteriöser Mann kommt in ihr Haus und sie hat plötzlich Rücklenden über die Nacht ihrer Hochzeit. Sie erkennt, dass die Welt nicht so ist, wie es scheint. Und beide Geschichten aus der Ukraine und Kanada haben irgendwie miteinander zu tun.

Die Geschichte des Journalisten Gareth Jones gibt es jetzt auch als Comic. Für die, die ihn nicht kennen: Jones war in den frühen 1930ern und hat über den Holodomor, die von Russland ausgelöste Hungersnot in der Ukraine, berichtet.

Und noch ein Comic. Der französische Autor und Zeichner bringt „Die neuen Russen: 3. Der mächt’gen Geier Frass“. Der Titel zeigt es schon, es gibt noch zwei Vorgängerbücher. Und die sollte man wahrscheinlich vorher gelesen haben. Das Bergwerk im Kaukasus hat jetzt eine Genossenschaft, aber die Belegschaft kann sich nur schwer gegen Oligarchen auf dem Markt durchsetzen. Ein neuer deutscher Kunde könnte der Retter in der Not sein.

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Dann haben wir – ganz selten – mal was aus Slowenien. Eine Vielzahl von Autoren publizieren in dem Band „Slowenische Seele“ ihre Werke. Sind es Gedichte, sind es Kurzgeschichten? Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Das Band wird gepriesen als eine der „größten Schätze an Lebensweisheiten in Buchform“.

Ljudmila Ulitzkajas Roman „Ergebenst, euer Schurik“ ist bereits 2005 erschienen und wir jetzt neu vom dtv-Verlag herausgebracht. Ich habe das Buch vor Jahren mal gelesen und es verschlungen. Kurz zusammengefasst: Schurik ist so eine seltsame Art von Casanova. Ständig schläft er mit Frauen, aber nicht weil er sie verführt, sondern weil die Frauen von ihm etwas wollen. Die eine will einfach nur ein Kind, aber keinen Mann, eine sucht nur einen Tröster fürs Bett. Eine Frau heiratet er nur, weil sie ihren Mann – einen dunkelhäutigen US-Amerikaner – heiraten will, sie bereits mit ihm schwanger ist und das Kind nicht als Unverheiratete bekommen will. Am Ende des Romans trifft Schurik seine Jugendliebe. Ob es mit der großen Liebe am Ende klappt, verrate ich aber nicht.

Und zuguterletzt: Der Roman „Zu viele Männer“ aus dem Jahr 2001 kommt als Verfilmung mit dem Titel „Treasure“ im September 2024 in die Kinos. Da bleibt es nicht aus, dass das Buch auch nochmal neu aufgelegt wird. Ruths jüdische Eltern haben Auschwitz überlebt. Sie selbst ist in Australien aufgewachsen und später nach New York gezogen. Doch sie hat sich immer für ihre europäischen Wurzeln interessiert. 1991 fährt sie mit ihrem mittlerweile verwitweten Vater nach Polen auf Spurensuche.

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