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Liebe Freunde Osteuropas! Was war da eigentlich in Russland und der Ukraine nach 2014 los? Bereits ein Jahr später ist vom deutschen Journalisten Thomas Urban die Streitschrift „Die Irrtümer des Kremls“ erschienen. Und zeigt, wie früh wir bereits über alles Bescheid wussten.

Der deutsche Journalist Thomas Urban gehört zu meinen absoluten Lieblingsjournalisten bezüglich Osteuropaexpertise. Kaum ein Journalist erläutert so präzise und so klar, was ist. Im Juni 2015 und damit nur etwas mehr als ein Jahr nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krym, brachte Urban eine 60-seitige Streitschrift heraus, die bis heute keinen Tag gealtert ist. Die Infos sind bis heute aktuell geblieben und – in Anbetracht der Propaganda, der wir immer noch ausgesetzt sind – weiterhin so wichtig.

Urban führt in dem Buch verschiedene Fragen auf. Etwa „Wer führt den Krieg im Osten Europas?“, „Wollten Krim und Donbass „befreit“ werden?“ oder „Hat die Nato Russland gezielt eingekreist?“ Es wird detailliert erzählt, was denn da genau auf der Krym oder im Donbas passiert ist. Und das wichtigste. Urban bringt viele Belege. Oder wusstet ihr, dass eine Lokalzeitung in Russland über die Entsendung einer Spezialeinheit aus ihrer Stadt in das Kriegsgebiet im Osten der Ukraine berichtete. Zu einem Zeitpunkt, als offiziell noch gar keine Russen in der Ostukraine gewesen sein sollen. Selbstredend ist die Mitteilung schon am nächsten Tag wieder von der Webseite der Zeitung verschwunden.

Oder etwa die Krym. Putin argumentierte etwa mit dem Heiligen Wladimir, Fürst von Moskau, um zu rechtfertigen, dass es sich bei der Halbinsel um russische Erde handelt. Dass dieser Heilige auch Fürst von Kyjiw gewesen ist und somit die Ukrainer mit der gleichen Argumentation Anspruch auf die Krym erheben könnten, hat Putin wohl vergessen.

Urban gelingt es meisterlich, die ganzen Mythen und Lügen aus dem Kreml zu widerlegen. Die Ostukrainer wurden beileibe nicht mit russischer Propaganda beschallt, so dass sie nicht fähig gewesen wären, zu entscheiden, zu wem sie gehören wollen – Russland oder Ukraine. Janukowytsch war nicht zwangsläufig prorussisch und auf der Krym gab es bei den Parlamentswahlen 2010 schon nur eine kleine Minderheit, die sich für die Partei entschieden, die offen einen Anschluss an Russland aussprachen.

Man erfährt noch etwas mehr über Putins Werdegang und warum die Eurasische Union – das Gegenprojekt Putins zur Europäischen Union – ein Rohrkrepierer war. Nur am Ende erstaunt mich etwas, dass Urban von dem „russisch-ukrainischen Bruderkrieg“ und den „ostslawischen Brudervölkern“ spricht. Schon im Jahr 2014 hat die ukrainische Schriftstellerin Tanja Maljartschuk ganz klar geschrieben, was sie von diesem Mythos der Brudervölker hält, nämlich gar nichts. Der Text ist mit vielen weiteren in ihrem Buch „Gleich geht die Geschichte weiter, wir atmen nur aus: Essays“ im Jahr 2022 erschienen.

Gerade hellsichtig ist Urban in seinem Fazit an die Deutschen am Ende des Buches: „Eine steht außer Zweifel: Die Kosten für alle, auch die Deutschen, werden noch höher, wenn die militärischen Auseinandersetzungen weitergehen. Doch zeigen die Erfahrungen der Ostpolitik der siebziger Jahre, dass allein gute Worte auf der einen Seite bei der anderen Seite nichts bewirken, sondern als Schwäche ausgelegt werden.“

Letzten Endes macht einen die Lektüre dieser Streitschrift auch ein wenig fassungslos. Wie konnten wir das all die Jahre nicht sehen? Wenn doch alles schon so lange glasklar beschrieben wird, wieso glauben dann (allem Anschein nach) immer noch so viele den russischen Propagandaerzählungen. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Büchern, die über Russland und die Ukraine aufklären. Dieses kleine Büchlein solltet ihr auf jeden Fall gelesen haben.

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