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Liebe Freunde Osteuropas! Fußball und Ukraine; zu der Themenkombo gibt’s Bücher? Na logo. In „Wodka für den Torwart“ haben elf ukrainische Autorinnen und Autoren teils amüsante, teils ernste, aber immer sehr lehrreiche Geschichten über die Welt des runden Leders geschrieben.

Das Jahr 2012 fühlt sich schon wie eine längst vergangene Epoche an. Damals richteten Polen und die Ukraine die Fußball-Europaweltmeisterschaft aus. Dies hatte der Übersetzerverein translit zum Anlass genommen, Autorinnen und Autoren aus der Ukraine zu bitten, zur EM Geschichten über den Fußball zu schreiben. Dabei sind große Namen, die auch in Deutschland ihre Werke vielfach publiziert haben, wie etwa Serhij Zhadan, Oksana Sabuschko und meine absolute Lieblingsschriftstellerin aus der Ukraine, Tanja Maljartschuk.

Und gerade bei Maljartschuks Text musste ich etwas schmunzeln. Denn in ihrer Erzählung „Kiew – mein persönlicher Reiseführer“ geht es eigentlich gar nicht um Fußball. Sie hat nur alibi-mäßig zwei Sätze in ihren Text eingebaut, die mit dem Hauptthema zu tun haben. Ansonsten ist es eher einfach ein Stadtporträt, aber ein sehr schönes, dass Lust macht, die ukrainische Hauptstadt mal zu besuchen. Auch, wenn Maljartschuk ihre Geschichte mit den Worten: „Sieben Jahre habe ich in Kiew gelebt, dann bin ich geflohen und habe mir vorgenommen, nie wieder zurückzukehren.“

Ein ähnliche Fußballaversion muss wohl die Autorin Irena Karpa haben, wenn sie ihre Geschichte mit „Rola, Bola, Futbola – Oder wie Fußball einmal beinahe in meinem Leben vorgekommen wäre“. Aber natürlich gibt es in dem gut 200-Seiten-Buch einige waschechte Fußballgeschichten. Und zwar einige, der wahre Begebenheiten zugrunde liegen. In einer geht es etwa um das sogenannte Todesspiel, dass sich 1942 zwischen der Kyjiwer Mannschaft „Start“ und einer deutschen Mannschaft, bestehend aus Mitgliedern der deutschen Flugabwehr, zugetragen hat. Die Ukrainer gewannen 5:3 und wurden deshalb von der SS erschossen. So zumindest die Sowjeterzählung, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von Historikern widerlegt wurde. Und wer noch nicht weiß, was das „ukrainische Brasilien“ ist, der wird es in diesem Erzählband erfahren.

Da auch die 90er Jahre natürlich eine Rolle spielen, darf auch ein bisschen Gangsterflair nicht fehlen. Wenn etwa zwei alte Freunde in guter alter Tradition ihre geschäftlichen Streitereien mit ihren Mitarbeitern auf dem Fußballfeld austragen. Davon erzählt Andrij Kokothucha in „Der Nerd und sein Trainer“. Und während Artem Tschechs Roman „Nullpunkt“ streckenweise etwas fade war, trumpft der ukrainische Autor in seiner Erzählung „Ein letzter K.o.-Schlag“ so richtig auf. In der Geschichte geht es um Walerij Bruchanda, ein Ex-Boxer, der sich dazu breitschlagen lässt, eine Mannschaft aus Schülern mit körperlicher Beeinträchtigung für richtige Turniere zu trainieren. Die Geschichte hat ein – wie ich finde – überraschendes Ende.

Ein Wodka trinkender Torwart kommt in den Erzählungen nicht vor. Das Buch kann ich aber wirklich nur empfehlen – und zwar nicht nur Fußballbegeisterten. Wenn ihr mehr über die Ukraine lernen wollt, seid ihr bei dem Buch an der richtigen Stelle.

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