Liebe Freunde Osteuropas! Das Sichten Hunderter Quellen hat sich für Steven Derix und Marina Shelkunova gelohnt. Mit „Selenskyj: Die ungewöhnliche Geschichte des ukrainischen Präsidenten“ ist ihnen eine umfangreiche, spannend erzählte Biografie gelungen. Meine Rezension:

Der niederländische Journalist Steven Derix und seine Kollegin Marina Shelkunova zeichnen klassisch für eine Biografie den Lebensweg des derzeitigen Präsidenten der Ukraine nach. Sie bringen dabei aber auch immer wieder interessante Aspekte ein, die man sonst nirgendwo findet. Etwa zu Beginn über die jungen Frauen Marjana und Jana, für die Selenskyj zu Zeiten seiner Schauspielkarriere Anfang des neuen Jahrtausends ein absolutes Idol ist.

Den Autoren gelingt es neben dem Leben Selenskyjs auch die wichtigen Ereignisse der Ukraine zu beschreiben, ohne dabei den Blick auf die Rolle, die der spätere ukrainische Präsident dabei spielt, aus dem Blick zu verlieren. Sie beschreiben seine nicht einfachen Jahre auf dem Weg zum Erfolg. So gab Selenskyj selbst im Jahr 2001 an, dass er weder Auto noch Haus besitze und sein Einkommen kaum ausreiche, um damit über die Runden zu kommen.

Doch seine harte Arbeit und gewisse Entscheidungen zahlen sich für Selenskyj aus und er wird innerhalb weniger Jahre zum Megastar auf. Dass er sich als Ukrainer und als Bürger seines Landes sieht, zeigt sich schon während seiner Zeit als Schauspieler. Auf den Unabhängigkeitsplatz kommt er 2004 während der Orangenen Revolution aber nicht. Er wolle zwar demonstrieren, aber für die Menschen, nicht für die Versprechen der Regierung oder der Opposition, wird Selenskyj von den Autoren zitiert. Zu den wichtigen politischen Entwicklungen seines Landes äußert er sich immer wieder. Als ihn 2014, der Krieg im Donbas hatte gerade begonnen, ein Journalist fragte, ob er noch einen Ausweg aus der Krise sehe, antwortet Selenskyj „Das einzige, was wir in dieser Zeit für die Ukraine tun können, ist, zur Einheit aufzurufen.“

Im Mai 2019 wird Selenskyj dann der sechste Präsident der Ukraine. Worin sich die Biografie von Derix und Shelkunova dann besonders auszeichnet, ist meiner Meinung nach die detaillierte Analyse der politischen Entscheidungen Selenskyjs. Er muss schnell lernen, dass einen Präsidenten zu spielen und ein Präsident zu sein zwei unterschiedliche Dinge sind. Es werden sowohl die positiven als auch die negativen Seiten beschrieben. Positiv ist etwa, dass Selenskyj ehrlich darum bemüht ist, die Ukraine demokratischer und rechtsstaatlicher zu machen. Aber die Macht der Oligarchen ist weiter stark.

Das letzte Kapitel des Buches behandelt den großen Invasionskrieg Russlands in die Ukraine. Das liest sich besonders spannend. Dort werden die ersten Tage und Wochen des Krieges abgebildet und wie Selenskyj und die Ukrainer ihr Land verteidigen.

Diese Biografie ist wirklich überaus gelungen und lässt keine Wünsche offen. Es gibt einen guten Einblick in das Leben des Wolodymyr Selenskyjs, beschreibt aber auch wichtige Ereignisse in der Ukraine, Russland und anderen Ländern wie etwa den USA, um die Entwicklungen der Ukraine gut nachvollziehen zu können. Ich habe das Buch mit großem Gewinn gelesen.

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