Liebe Freunde Osteuropas! Dem polnischen Journalisten Wojciech Rogacin ist eine wirkliche wunderbare Biografie zu Wolodymyr Selenskyj gelungen. Detailliert und nahbar führt er uns an das Leben des ukrainischen Präsidenten heran. Von seiner Geburt bis zum großen Krieg. Meine Rezension:

Wojciech Rogacin ist Mitbegründer der Tageszeitung Polska Times und beschäftigte sich neben den USA und dem Nahen Osten viel mit den Ländern der ehemaligen UdSSR. Seine Biografie über Selenskyj ist klassisch aufgebaut, sprich die Lebensstationen des Ukrainers werden chronologisch beschrieben, am Ende ist Wolodymyrs Ehefrau Olena ein Extrakapitel gewidmet.

Die Stärken dieses Buches sind, dass Rogacin uns wirklich nah an den Menschen Wolodymyr heranführt. Wie hat er seine Kindheit erlebt, wer sind seine Eltern, wie war in der Schule. All das wird wirklich sehr detailliert und lebendig beschrieben. So erfährt man von Selenskyjs ehemaliger Lehrerin, dass der kleine Wolodja schon als Schüler schnell im Mittelpunkt stand und stehen wollte. Wie er mit 18 seine zukünftige Frau kennen lernen und unbedingt mit ihr zusammen kommen wollte, obwohl sie damals schon einen Freund hatte. Wie er als kleiner Junge mehrere Jahre in der Mongolei lebte, da sein Vater dort einen Job annahm, und wie sein Vater später noch einmal für ein Jahr in den ungeliebten Arbeitsplatz zurückkehrte, da er nicht wollte, dass sein Sohn Probleme bekommt, wenn er an derselben Universität studiert, an der sein Vater als Professor arbeitet.

Das Jura-Studium macht Selenskyj mehr aus Pflichtgefühl dem Vater gegenüber, merkt aber bald, dass der Richterstuhl nicht seine Bühne sein wird. Er studiert zu Ende, arbeitet aber nie in dem Beruf und fängt lieber eine Karriere als Schauspieler an. Dann trifft er auf die Schefir-Brüder, die mit Anfang/Mitte 30 fast doppelt so alt waren wie er. Selenskyj schließt sich deren Comedy-Truppe an. So beginnt langsam der kometenhafte Aufstieg Selenskyjs in den Showbusiness-Himmel.

Selenskyj ist aber nicht nur Drehbuchschreiber und Schauspieler. Später wird er ein Unternehmen mit mehreren Hundert Mitarbeitern aufbauen. Schon von Anfang an ist er ein Workaholic. Oft ist er schon früh um 4 Uhr auf der Arbeit und kommt erschöpft um 11 Uhr abends nach Hause. Die Rolle, die ihn dann auch über die Ukraine und den osteuropäischen Raum bekannt machen sollte, ist ihm quasi auf den Leib geschneidert. Denn so wie Wassyl Holoborodko (Selenskyjs Hauptrolle in der Serie „Diener des Volkes“) über die Probleme in der Ukraine schimpft, denkt Selenskyj auch privat. Ob Selenskyj damals schon daran dachte, wirklich Präsident zu werden? Anspielungen gab es schon lange vorher.

Rogacin beschreibt weiter, wie Selenskyj dann als frisch gewählter Präsident ans Werk ging, vor welchen Problemen er stand, und wie er versuchte, sie zu meistern. Und wie er letzten Endes zum Kriegspräsidenten wider Willen wurde.

Rogacin hat eine Biografie über Wolodymyr Selenskyj geschrieben, wie man sie sich besser kaum wünschen kann. Es erzählt die Geschichte eines Mannes, der in einfachen Verhältnissen in der Industriestadt Krywyj Rih aufwächst, und von seinen Eltern zu einem ehrlichen, aufrichtigen Menschen erzogen wurde.

Selenskyj wird in der Biografie Rogacins als ein außergewöhnlicher Mensch mit außergewöhnlichen Fähigkeiten beschrieben. Vor allem, was die Schauspielerei angeht. Aber auch, dass er schnell Menschen für sich einnehmen kann und aufrichtig an ihnen interessiert ist. Eine Eigenschaft, die ich auch über Emmanuel Macron in einer Biografie über ihn mal gelesen habe.

Das Buch ist gut zu lesen, nimmt den Leser von Anfang an mit, so dass man es quasi in einem Rutsch durchlesen könnte, wenn denn jemand die Ausdauer für die 250 Seiten hat. Wer mehr über Selenskyj erfahren will, was für ein Mensch er ist, und warum die Ukrainer ihn zu ihrem Präsidenten gewählt haben. In Rogacins Biografie erfährt er bzw. sie es.

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