
Liebe Freunde Osteuropas! Andrej Kurkow gehört zu den bekanntesten Schriftstellern der Ukraine. In seinem „Tagebuch einer Invasion“ beschreibt er den Alltag in seinem Land von Jahresbeginn bis Juli 2022. Mich überrascht, wie hellsichtig der Autor ist. Meine Rezension:
Das Tagebuch ist eine Mischung aus alltäglichen Ereignissen, die Kurkow festhält, und tiefgründigeren historischen Beschreibungen. So schreibt er zu Beginn von einem neuen Gesetz, das das Töten oder Beschädigen von unter Umweltschutz stehenden Ressourcen unter Strafe stellt. Oder die 1000-Hrywnja-Geldprämie, die jeder vollständig geimpfte Bürger erhält, nun auch für Bücher ausgegeben werden kann, was ihn als Schriftsteller natürlich sehr freut.
Von Anfang an schwingt schon immer die Gefahr des Krieges mit. Denn dass sich Zehntausende von Soldaten an der Grenze zur Ukraine postiert haben, ist ja bekannt. Auch wenn selbst die Menschen in Kyjiw nicht daran glauben wollen, dass es zu einer groß angelegten Invasion kommen könnte.
Kurkow selbst flieht zu Beginn des großen Krieges in den Westen der Ukraine und kommt mit seiner Frau in einer Wohnung unter, die ihm eine ältere Dame zur Verfügung stellt. Da Kurkow eine bekannte Persönlichkeit ist, erreichen ihn auch immer wieder Anfragen von Journalisten, die er beantwortet. Manchmal werden ihm aber auch saudämliche Fragen gestellt, wie etwa „Sind die Ukrainer bereit für ihr Land zu sterben?“ und „Würden Sie sich nach dem Krieg wieder mit russischen Schriftstellerkollegen versöhnen?“ Auch, wenn Kurkow nicht alle Russen jetzt verdammt. In Oslo nimmt er etwa gemeinsam mit Michail Schischkin, einem russischen Schriftsteller, der seit 1995 in der Schweiz lebt, an einer öffentlichen Veranstaltung teil.
Auch die Hilfsbereitschaft der Ukrainer untereinander im Krieg beschreibt er. Nicht nur, wenn er die Strom-, Gas- und Internetrechnung für sein Haus auf dem Land bezahlt, das er aktuell gar nicht nutzt. Menschen in der Ukraine kaufen Online-Tickets für den Zoo in Mykolajiw, obwohl dieser gerade geschlossen ist. Denn die Tiere müssen ja gefüttert werden.
Und immer schwingt in dem Tagebuch die Hoffnung mit, dass die Ukraine diesen Krieg überstehen wird. Auch wenn der Krieg der ukrainischen Kultur einen schweren Schlag versetzt. Viele Buchhandlungen schließen, Bücher werden vorerst nicht gedruckt. Interessant fand ich die Passage, in der Kurkow erwähnt, dass es im Ausland nach Beginn der Invasion einen Run auf ukrainische Reiseliteratur gibt. Doch ist schnell vergriffen und wird nicht so schnell wieder aufgelegt. Überhaupt ist wohl seit 2014 nicht viel gedruckt worden, weil die Verlage nicht wussten, wie sie mit der Krim umgehen sollten.
Zum Abschluss bleibt letzten Endes das zu sagen, was ich schon über die anderen erschienenen Tagebücher geschrieben habe. Unbedingt lesen! Ihr erfahrt direkt, wie die Menschen vom Krieg betroffen sind und wie sie darüber denken!
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