
Liebe Freunde Osteuropas! Die Journalistin Anastasia Tikhomirova hat vor wenigen Wochen „Stromlinienunförmig“ veröffentlicht, darin enthalten eine Vielzahl ihrer Artikel zu Themen wie Antislawismus, Antisemitismus und Feminismus. Eine spannende Lektüre. Meine Rezension:
Anastasia Tikhomirova ist deutschrussische Journalistin und schreibt unter anderem für Zeit Online, taz und Jungle World. Zudem moderiert sie auch und hält Vorträge über Russlands Krieg gegen die Ukraine. Sie hat sogar ein Stipendium bei der @novaya_gazeta absolviert. Eine ihrer Artikel in dem Buch beschreibt ihr Zeit dort.
Das Buch ist eine Sammlung von längeren und kürzeren Artikeln, darin enthalten auch Interviews und immer wieder sehr persönlichen Texten. In vielen ihrer Beiträge widmet sich Tikhomirova dem brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Sie schreibt über die LGBTIQ+-Szene in der Ukraine, über die russische Opposition kurz nachdem die Putin im September 2022 die Mobilmachung verkündete und über die russische Bewegung Feminist Anti-War Resistance (ihnen wurde – neben dem Human Rights Defenders Fund – in diesem Jahr der Aachener Friedenspreis verliehen). Besonders ist mir das Interview mit Viktoria Maladaeva in Erinnerung geblieben. Sie ist burjatische Aktivistin und erzählt über das Schicksal ihres Volkes, was die Teilmobilmachung für die Burjaten bedeutet und warum sie so besonders mit der Ukraine mitfühlen. Besonders freut mich, dass auch ein Interview mit @EFDavies in Tikhomirovas Buch vorhanden ist.
Auch geht Tikhomirova kritisch auf die Einstellung (einiger) deutscher linker Politiker zu Russlands Krieg in der Ukraine ein. Klug deckt sie auf, worin die gedanklichen Fehler liegen. So schreibt sie etwa: „Ein beachtlicher Teil der deutschen Linken scheint fest daran zu glauben, dass der Angriff Russlands eine provozierte Reaktion auf die sogenannte Osterweiterung der Nato darstellt.“
Tikhomirovas Artikel in dem Buch behandeln auch Themen in Deutschland. Etwa die Techno-Szene, in der Antizionismus gibt, über Teenager, die an zu hoch dosierten Ecstasy-Pillen gestorben sind und ein ausführliches Interview der Gründerin der Initiative #MyBrainMyChoice, in dem es vor allem um die Entkriminalisierung von Drogen geht und wie die Politik handeln sollte.
Auch sehr persönliche Texte sind in dem Buch. In einem Text schreibt Tikhomirova über ihre Jugendjahre auf dem bayrischen Dorf als zugezogene Russlanddeutsche. In weiteren Texten schreibt sie über ihre Erfahrung als Migrantin, es immer besser machen zu müssen und über ihre Bulimie.
Ich kann das Buch wirklich jedem empfehlen, der mehr über den Krieg in der Ukraine, über Völker in der russischen Peripherie (Georgier und Burjaten), über Millionen Bürger in Deutschland, die nicht wählen dürfen, über das Treptower Denkmal und warum eine Berlinerin „Fuck Putin“-Sticker entfernt.
Ich freue mich, dass Tikhomirova sich entschlossen hat, ihre Artikel in Buchform herauszubringen. Sonst hätte ich sie wahrscheinlich nie gelesen. Sicher wird jeder Leser/jede Leserin auch das ein oder andere Thema finden, das er oder sie noch gar nicht auf dem Schirm hatte. Zumindest ging es mir so.
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