
Liebe Freunde Osteuropas! Ich habe wieder ein tolles Buch durch. Es geht um „Putin: Ein Verhängnis“ von Robert Misik. Wer besser verstehen will, wie es zum brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine am 24.2. kommen konnte, der lese dieses Buch. Eine Rezension:
Der Untertitel des Buches lautet „Wie Wladimir Putin Russland in eine Despotie verwandelte und jetzt Europa bedroht“. Misik schreibt selbst in seinem Buch, dass er versuchte, „so viel wie möglich zu lesen, mich durch Putin-Biografien, durch Russland-Analysen, durch Medienquellen und andere Dokumente zu wühlen“. Die Grundlage des Buches ist eine Serie für die österreichische Wochenzeitung Falter.
In insgesamt neun Kapiteln plus Vorwort (auf gut 175 Seiten) beschreibt Misik eine Vielzahl von Aspekten Putins und seines Machtapparates. So geht er in Kapitel 1 auf die Biografie Putins ein, auf seine Schlägerjahre als Teenager, auf die Siloviki, aber auch darauf, warum der Westen es nicht fertiggebracht hat, ab 2014 energischer gegen Putin vorzugehen.
In Kapitel 2 geht es dann um Putins Anfangsjahre als Präsident. Wie er zu Beginn noch moderater auftrat, obwohl alles was seine verrückte Diktatur heute ausmacht, schon damals bei ihm sichtbar war. So stellte er in seiner Millenniumsbotschaft klar, dass ein starker Staat, Patriotismus, und der Glaube an die Größe Russlands wichtig sind.
In Kapitel 3 widmet sich Misik intensiver dem Philosophen Iwan Iljin und warum er für Putin so wichtig ist. Iljin (1883-1954) ist einer der „Stichwortgeber“ Putins. Iljin hatte Freud studiert und kam zu der Erkenntnis, „dass die Leistung der Zivilisation gerade etwas mit „Triebverzicht“, der Unterdrückung des animalischen Begehrens zu tun habe“. Die Nation sei eine organische Einheit. Iljin sei es aber um die Bewahrung des Imperiums gegangen und nicht um dessen Ausweitung. Putin hat einen Kult um Iljin etabliert. Sterbliche Überreste exhumieren lassen, aus der Schweiz nach Russland gebracht. Putin macht Pilgerreise zu ihm.
In Kapitel 4 und 5 geht es dann um Putin als Geschichtslehrer, der wahnsinnig viel liest, aber sehr Oberlehrerhaft daherkommt. Und über die derbe Sprache, die in den Anfangsjahren als Macher präsentieren.
Und in den vier weiteren Kapiteln beschäftigt sich Misik mit der NATO-Osterweiterung, der Personenkult um Putin, wie der KGB zum Ende der Sowjetunion sein Überleben sicherte und zuletzt geht es um den großen Angriffskrieg auf die Ukraine ab dem 24. Februar 2022.
Misik gelingen in seinem Buch durchaus treffende und gute Analysen. Der Journalist war – wie er in seinem Buch schreibt – mehrmals in Russland, manche Menschen, die er in seinem Buch zitiert habe er bereits getroffen, er war im Kreml bei Gorbatschow und vor mehr als 30 Jahren beim letzten Parteitag der KPdSU dabei. Auch wenn er immer wieder öfters aus anderen bekannten Werken (siehe Bilder im Tweet) von Osteuropa-Experten zitiert, ist Misik schon ein gutes Buch gelungen.
Was man dem Buch vielleicht vorwerfen kann, ist, dass es nicht besonders in die Tiefe geht. Das ist bei gerade mal 175 Seiten aber auch kaum möglich. Auch lässt das Buch ein wenig einen roten Faden vermissen. Immer wieder springt der Autor von einem Thema zum nächsten. Die Aussage Misiks im Vorwort über sein Buch „Es ist nicht für die Ewigkeit geschrieben, sondern für den Augenblick“ würde ich aber nicht hundertprozentig unterschreiben. Trotz seiner kleinen Schwächen (die eben erwähnte Inkonsistenz in den Kapiteln) ist es ein lesenswertes Buch. Vor allem für Einsteiger finde ich es geeignet. Und ein kleiner Tipp: Skoobe-Abonnenten können das Buch kostenlos lesen.
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