Liebe Freunde Osteuropas! Ich finde, Tanja Maljartschuk ist eine unheimlich talentierte ukrainische Schriftstellerin. Mit ihrer Essaysammlung „Gleich geht die Geschichte weiter, wir atmen nur aus“ legt sie ein sehr persönliches Buch vor. Meine Rezension:

Das gut 170 Seiten lange Büchlein ist im Oktober 2022 erschienen. Darin behandelt Maljartschuk sowohl persönliche Ereignisse in ihrem Leben, als auch Fragen zum Krieg in der Ukraine. So erzählt sie darüber, wie sie von ihrer Mutter gebeten wurde, eine Grabrede für ihre kürzlich in der Ukraine verstorbene Großmutter zu schreiben, wie der Pfarrer sie dann vorlas und Maljartschuks Familie fassungslos zurückließ. Oder über einen Tunesier, die sie bei einem Sprachkurs kennenlernte, der jeden Satz mit „Bei uns in Tunesien ist es so“ begann. Oder als Maljartschuk beim Deutschlernen merkte, dass viele Worte, die ihre Mutter verwendete und deren Bedeutung sie nicht wirklich erklären konnte, wohl aus dem Deutschen zu kommen scheinen.

Neben den persönlichen Erlebnissen schreibt Maljartschuk auch viel über die Ukraine. Etwa über die Ereignisse auf dem Euromaidan, über den Holodomor oder über das schwierige Verhältnis der Ukrainer zu ihrer eigenen Sowjetvergangenheit. Zudem erfährt man von so vielen spannenden Personen, die mir bisher gar nicht bekannt waren. Etwa über Oleh Senzow, einem ukrainischen Filmregisseur und Schriftsteller, der im Mai 2014 auf der Krim festgenommen wurde. Oder über den ukrainischen Linguistikprofessor Kyrylo Studynskyj. Oder über Ludwik Lejzer Zamenhof, der die Sprache Esperanto erfand.

Aber natürlich ist auch der brutale Krieg Russlands gegen die Ukraine Thema in dem Buch. Einerseits auf sehr persönlicher Ebene. Stark beeindruckt hat mich dabei der Text „Ein Brief an den Bruder“, der bereits 2014 entstand und sich direkt an die Russen richtet und fragt, warum die Russen immer wieder die Ukraine überfallen, ihre eigene Schuld aber nicht sehen. Und auch der groß angelegte Invasionskrieg, der seit Februar 2022 in der Ukraine tobt, wird von Maljartschuk behandelt.

Tanja Maljartschuk ist für mich eine ganz besondere Schriftstellerin. Sie schreibt Prosa, aber es klingt nach Poesie. Wer bisher noch nichts von ihr gelesen hat, dem empfehle ich diese Essaysammlung. Ihr erfahrt viel über die Ukraine, auf der persönlichen und historischen Ebene.

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