Sabine Adler, Osteuropa-Expertin des Deutschlandfunks, hat im August 2022 das Buch „Die Ukraine und wir – Deutschlands Versagen und die Lehren für die Zukunft“ herausgebracht. Ein wirklich sehr gutes Buch. Meine Rezension:

In ihrem Buch beschreibt Adler detailgenau, umfassend und klar, wie Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten seinen Blick auf Russland gerichtet hat, und die Ukraine kaum eine Rolle spielt. Klar benennt Adler die Fehler, die in der deutschen Spitzenpolitik gemacht wurden. Angefangen mit Schröder, der das Nord Stream-Projekt kurz vor dem Ende seiner Amtszeit eintütete, der die Pipeline bewusst so in der Ostsee verlegen ließ, damit Dänemark, Schweden und Finnland zustimmen mussten, und nicht Estland, Lettland, Litauen und Polen.

Natürlich geht es in einem Kapitel auch um Schwesig und ihre „Umweltstiftung“. In dem Kapitel „Russlandtag und Klimastiftung“ erfährt man etwa, dass das Startkapital der Stiftung 20,2 Millionen Euro betrug. 20 Millionen kamen von der Nord Stream 2 AG. Dass das Geld nicht für die Umwelt und das Klima war, kann man sich denken. Dieses Buch beschreibt eindrücklich, dass die Aussage „Mit einem so großen Angriff auf die Ukraine konnte keiner rechnen“ nicht gilt. Adler steigt nach dem Vorwort ein mit dem Tschetschenienkrieg. Der kann quasi als Blaupause für den jetzigen Krieg in der Ukraine herangezogen werden. So wie Putin vor 20 Jahren Grosny in Klump und Asche hat bomben lassen, ist es in diesem Jahr Mariupol ergangen. Die Truppen, die Putin bereits 2021 an der ukrainischen Grenze stationierte, ließen Deutschland nicht aufhorchen. Die Ukraine konnte noch so sehr um Waffen bitten. Von deutscher Seite kam nichts.

Auch die Kanzlerin kommt bei Adler nicht gut weg. Zu verbissen verteidigte und verteidigt sie Nord Stream. Die Ukraine war der Kanzlerin nie wirklich wichtig. Noch kurz vor ihrem Amtszeitsende zeigte sie der Ukraine die kalte Schulter. Ein Zitat aus dem Buch: „Bis zuletzt, bis zum Abschiedsbesuch der Bundeskanzlerin im August 2021, hofft Kiew auf das Aus für die überflüssige Pipeline. (…) Sie (die Ukrainer) wollen den Stopp von Nord Stream 2 oder Waffen. Doch die deutsche Regierungschefin lässt auch diese letzte Gelegenheit verstreichen, was viele Ukrainer als Verrat werten.“

Wer wissen will, was Schröder so alles getrieben hat schon kurz nach seiner Zeit als Kanzler, wie weitere SPD-Größen wie Egon Bahr, Erhard Eppler und Helmut Schmidt sich besonders abfällig über die Ukraine geäußert haben, wie der Blick der deutschen Politik im Bezug auf die Opfer des 2. Weltkrieges immer nach Russland gerichtet war und nicht auf die Ukraine, die einen viel höheren Blutzoll durch den nationalsozialistischen Terror bezahlen musste. Dem sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt. Ein sehr gutes Buch! Ein wichtiges Buch! Lesen!

Avatar von thomasleurs

Published by

Categories:

Hinterlasse einen Kommentar