Liebe Freunde Osteuropas! Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage, ich habe das beste Buch des Jahres 2023 durchgelesen. Es geht um „Die Moskau-Connection – Das Schröder-Netzwerk und Deutschlands Weg in die Abhängigkeit von Roland Bingener und Markus Wehner. Eine Rezension:

Lange habe ich nicht mehr ein Buch so durchgesuchtet. Es liest sich sehr spannend und bietet selbst für mich Politik-Interessierten noch viel Neues und einige Überraschungen. In ihrem knapp 300 Seiten langen Buch gehen die beiden FAZ-Journalisten im Details auf die Verbindungen ein, die sich zwischen namhaften SDP-Politikern (und nicht nur denen) und dem russischen Putin-Regime entwickelt haben.

Das Buch zeichnet zuerst den politischen Weg Gerhard Schröders nach. Wie er 1969 Vorsitzender der Göttinger Jusos wurde, 1971 Juso-Vorsitzender im Bezirk Hannover, 1978 Juso-Bundesvorsitzender. Schröder war von Anbeginn seiner Karriere immer eher auf Moskau als auf Washington fixiert. Er war gegen den Nato-Doppelbeschluss, besucht seit Mitte der 1970er Jahren die Sowjetunion.

Erstaunlich war für mich, wie früh schon die Kontakte zu anderen bekannten SPD-Größen zustande kamen. Etwa Frank-Walter Steinmeier, den Schröder 1990 kennenlernte. Schröder hatte auch schon früh engen Kontakt zu Unternehmen. Was den schnellen Wechsel nach der Kanzlerschaft zu Gasprom für Schröder nur folgerichtig wirkt. Auch Sigmar Gabriel spielt eine gewichtige Rolle in dem Buch. Denn unter seiner Zeit als Bundeswirtschaftsminister steigt der prozentuale Anteil an russischem Gas, das nach Deutschland importiert wird, stark an.

Auch das gefährliche Desinteresse der SPD-Größen an der Maidan-Revolution, der Annexion der Krim (ich fand damals schon extrem seltsam, wie sich der von mir sehr verehrte Helmut Schmidt dazu äußerte) und dem immer repressiver werdenden politischen System in Russland zeigen die Autoren auf.

Dass die SPD Deutschland in so eine Abhängigkeit, was russisches Gas angeht, bringen konnte, lag auch untere anderem an dem Mythos, schon die Sowjetunion hätte sich immer an ihre Verträge mit Deutschland gehalten, selbst, als es politisch gerade sehr schwierig war. Dabei ist das eine Lüge. Schon öfters haben die Sowjetunion und später Russland seine Ressourcen als Waffe eingesetzt. Und Warnungen gab es ja zuhauf, nicht nur von den ostmitteleuropäischen Ländern.

Ein weiterer Fehler der Regierung Merkel in Koalition mit der SPD, den die Autoren genauer beleuchten, ist, dass Russland sich Stück für Stück in Deutschland einkaufte. Dass etwa der russische Energieriese so mir nichts, dir nichts den größten deutschen Gasspeicher kaufen konnten und keine in der Regierung Sorgen bekam, als der Füllstand im vergangenen Jahr gefährlich niedrig war, ist wirklich schon skandalös.

Neben Schröder, Steinmeier und Gabriel, spielen auch Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil, Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Matthias Warnig, lange Leiter von Nord Stream und Heino Wiese, unter anderem ab 2016 Honorarkonsul der Russischen Föderation in Hannover.

Wieso ist nun dieses Buch für mich das wichtigste des Jahres 2023? Es deckt detailliert auf, was die SPD um Schröder, Steinmeier, Gabriel etc. in den vergangenen zwei Jahrzehnten getrieben haben, wie sich Deutschland immer mehr in die Abhängigkeit zu Russland gebracht haben, und bis heute zum Teil nicht einsehen wollen, welche Fehler sie begangen haben. Dieses Buch hat meine Haltung zur SPD auch nochmal nachhaltig verschlechtert.

Ich kann dem Buch nur wünschen, dass es möglichst viele Leser finden wird. Denn es ist so wichtig, was in diesem Buch steht. Eine der wichtigsten Sätze steht direkt im Vorwort. Zitat: „In den deutschen Medien herrschte in den vergangenen 20 Jahren kein Mangel an fundierter Berichterstattung zur deutschen Russland- und Energiepolitik. Beinahe sämtliche Probleme wurden klar und frühzeitig benannt. Die Aussage, Putin habe ≪alle≫ getäuscht, ist nicht wahr.“

Wer mal ganz genau wissen will, was Schröder und andere SPD-Politiker in den vergangenen zwei Jahrzehnten getrieben haben, dem kann ich wärmstens dieses Buch empfehlen. Möge es noch wochenlang auf der Spiegel-Beststellerliste ganz weit oben stehen.

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