Liebe Freunde Osteuropas, ich habe mal wieder ein fantastisches Buch gelesen, dass ich euch nur wärmstens empfehlen kann. Es geht um das gut 170 Seiten lange Werk „Die längste Buchtour“ der ukrainischen Schriftstellerin Oksana Sabuschko. Meine Rezension:

Das Buch ist während des Krieges entstanden und erschien ihm September 2022. Darin beschreibt die Autorin ihre direkten Eindrücke unmittelbar nach Kriegsausbruch (sie war gerade auf Lesereise in Polen), steigt aber dann immer tiefer in die ukrainische Geschichte ein.

Dieses Buch geht völlig weg vom Zentrismus nach Moskau und Russland, wie wir es in Deutschland leider allzu oft haben. Wer wissen will, wie die Ukrainer denken, wie sie fühlen, der lese dieses Buch. Dass der Krieg seit 2014 von Russland ausging und nichts mit einem Bürgerkrieg unter den Ukrainern zu tun hat, ist allerspätestens seit dem 24. Februar jedem klar. Mir fehlten aber zum Teil die konkreten Beispiele. Davon liefert Sabuschko eine Menge. So erfährt man, dass 2014 während des Euro-Maidans seltsame „Maidan-Aktivisten“ mit russischem Akzent in Kyjiw auftauchten. Wenn man sie bei ihren Provokationen zur Rede stellte, konnten sie die ukrainische Stadt, aus der sie angeblich stammten, nicht mal richtig verorten. Oder, dass Skinheads, alle mit den gleichen Militärklamotten und identischen Rucksäcken im Höhlenkloster und Wohnheimen der orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats einquartierten. Einen Tag später floss das erste Blut auf dem Maidan.

Fast schon amüsant finde ich die Anekdote, dass im Süden der Ukraine die Verbrecher aus den Gefängnissen freigelassen wurden. Wer es veranlasste, ist unbekannt. Aber Russland hoffte wohl, dass sie Unruhe stiften. Tja, viele haben sich auf die Seite der Ukraine gestellt.

Ein roter Faden, der sich durch das Buch zieht, ist die Doktrin der „ideologischen Sabotage“ von Yuri Bezmenow. Er floh 1970 in den Westen und so wurde die Doktrin bekannt. Sie sieht vier Phasen vor: Demoralisierung, Destabilisierung, Krise und Normalisierung. Diese vier Punkte kann Sabuschko überzeugend auf die vergangenen 30 Jahre der ukrainischen Unabhängigkeit anwenden.

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