Viele Tagebücher über den Invasionskrieg der Russen in die Ukraine sind mittlerweile erschienen. Eines davon ist „Als ich im Krieg erwachte – Tagebuch einer Flucht aus der Ukraine“ von Julia Solska. Meine Rezension:

Die Autorin Julia Solska kommt aus einer kleinen Vorstadt von Kyjiw, hat Germanistik unter anderem auch in Deutschland studiert, spricht fließend Deutsch. Als die große russische Invasion am 24. Februar 2022 begann, war sie zu Hause in der Ukraine. In ihrem Tagebuch beschreibt Solska die ersten 16 Tage des Krieges.

Dabei tauchen wir ganz in ihre Gedankenwelt ein. Sie spart nicht mit harten Worten, obwohl, wie sie schreibt, sie zuerst überlegte, sie wieder herauszunehmen. Ein guter Freund, dem sie vertraut, habe ihr davon abgeraten. So lässt sie ihren Gefühlen freien Lauf, was die Verbrechen der russischen Soldaten, die ihren Alltag und den aller anderen Ukrainer auf links gezogen haben, und dem letztendlichen Verursacher des Ganzen, Wladimir Putin, angeht.

Solska beschreibt die quälende Angst um ihre Eltern, die schlaflosen Nächte in Kyjiw bei Fliegeralarm, wie auch die ruhigeren, aber nicht weniger quälenden Tage, in kleinen Vorortstädten. Später kann sie nach Lviv und weiter – durch großes Glück sehr schnell – nach Düsseldorf fliehen. Eine Stadt, die ihr bereits bestens vertraut ist und dass ihr die Ankunft in Deutschland erleichtert.

Solska beschreibt die zahllosen Nachrichten von Freunden im In- und Ausland, die sie fragen, wie ihr es geht. Einerseits hat sie Verständnis dafür, doch wenn ein Freund aus Lettland sie permanent mit Nachrichten bombardiert, wie sie sich jetzt am besten zu verhalten hat, geht ihr das dann doch etwas auf die Nerven. Auch die Nachrichten einer Freundin aus Russland erreichen Solska – zehn Tage Beginn der Invasion. Die Freundin scheint sich aber mehr dafür zu interessieren, welche Tipps Solska hat, wie man in Deutschland Arbeit findet, weil es für sie in Russland durch die Sanktionen doch etwas unangenehm geworden ist. Wie es Julia Solska geht, fragt sie erst am Ende.

Auch ihre Eltern spielen für Julia Solska eine wichtige Rolle. Ihre Mutter wohnt in der Nähe von Worsel, direkt bei Butscha und Irpin gelegen. Solskas Mutter will ihr Haus aber nicht verlassen. So beschreibt die Autorin auch ihre Angst um ihre Mutter, als die Russen das Dorf erreichen. Ich denke, ich kann es spoilern, dass es gut ausgeht. Aber es sind eindrücklich Passagen in dem Tagebuch. Am Ende des Buches kommt noch ein Bericht einer Freundin von Julia Solska, die die Evakuierung des Ortes Worsel beschreibt.

Alles in allem ein sehr wichtiges Buch, weil es zum einen erzählt, was in den ersten Wochen des Invasionskrieges in und um Kyjiw passiert und noch viel wichtiger, Julia Solska uns so tief in ihre Gedankenwelt eindringen lässt, dass es unter die Haut geht. Definitiv empfehlenswert! Lesen!

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